In der Schweiz, in Wiedlisbach in der Nähe von Bern, soll eine neue Pflegeeinrichtung des Betreibers dahlia für 150 Alzheimer Kranke entstehen. Das Konzept sieht vor, Architektur und Erscheinungsbild des kleinen Dorfes an die 50’er Jahre anzulehnen, so dass sich die Alzheimer Kranken, deren Langzeitgedächtnis oft noch sehr lange erhalten bleibt, geborgen und sicher fühlen, weil sie die Umgebung als vertraut wahrnehmen. Darüber hinaus sollen auch die Betreuerinnen und Betreuer nicht in weiße Kasacks gehüllt sein, sondern das Outfit von Gärtnern, Friseuren, Einkaufsladen-Angestellten etc. haben, um den Eindruck, selbständig zu leben, aufrecht zu erhalten.
Das Projekt hat in der Pressemeinung den Namen Dementiaville bekommen, es wird dafür kritisiert, zu planen, die Kranken zu täuschen, gerade Kranke, die ohnehin Schwierigkeiten haben, sich in der Welt zurecht zu finden. Die Sache wird als Trueman Story für Hilflose diskutiert.
In der Nähe von Amsterdamm gibt es eine Pflegeeinrichtung, die ein ähnliches Konzept mit viel Augenmaß betreibt: Hogewey. Auch hier finden Betroffene eine Umgebung, in der sie sich schnell vertraut fühlen und in der sie sich sicher und soweit wie möglich selbstbestimmt bewegen können. Ich habe hier eine 5 minütige deutsprachige Reportage gefunden, die sich zu sehen lohnt, um sich ein Urteil zu bilden. Das video findet Ihr hier.
Meine Meinung dazu? Die Idee, eine vertraute, sichere Umgebung zu schaffen, in der sich der Alzheimer Kranke wohl fühlt und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten frei bewegen und selbstständig verhalten kann, ist sehr sehr gut. Ich persönlich bin der Meinung, dass man dabei niemals eine falsche Illusion aufbauen sollte und das man das auch gar nicht muss. Es ist nicht nötig, wirklich zu täuschen. Ein Namensschild, das der Betreuer trägt, nimmt keine Sicherheit, es gibt sogar Sicherheit. Mit Augenmaß konzipiert, ist so eine Einrichtung sehr angemessen. Hätte ich einen Demenzkranken Angehörigen und lebte ich in Amsterdam, Hogewey würde ich ihn anvertrauen.
Denken die dann auch daran, den Laden alle 10 Jahre umzubauen?
Für mein Altenheim soll der McDonalds in Köln-Ehrenfeld nachgebaut werden, die Krankenschwestern verkleiden sich als alkoholisierte Kleinkriminelle mit Migrationshintergrund, und die musikalische Untermalung kommt von Schwester S.
(Sie meinen glaube ich die Truman Show?)
Meine Mutter war fünf Jahre lang in einem Pflegeheim, in dem vieles realisiert wurde von dem, was positiv über Hogewey geschrieben wurde. Die Mitarbeiterinnen waren nicht als irgendwer anderes verkleidet. Was ich besonders hilfreich fand, waren die gemischt professionellen Teams auf den Wohngruppen (Pflege, Heilpädagogik und Hauswirtschaft). Es gab viele Angebote innerhalb der Gruppe, aber auch gruppenübergreifend (Gartengruppe, Kunsttherapie, Kochgruppe, musikalische Angebote, Bewegung, Tanz, Therapiehund, Gottesdienst …). Zweimal in der Woche wurde ein Kaffeestübchen geöffnet, das im Stil der 50iger Jahre eingerichtet war. Ich habe darüber in meinem Blog ausführich geschrieben. Auch im Nachhinein (meine Mutter ist vor knapp einem Jahr verstorben) finde ich, daß es für sie der bestmögliche Ort war.