Kinder lernen durch Nachahmung. Aber orientieren Sie sich daran, was sie besonders oft sehen oder daran, was sie bei besonders vielen verschiedenen anderen Menschen beobachtet haben? Und wie machen das eigentlich die anderen Primaten?
Im ersten Teil einer Studie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nijmegen haben Forscher untersucht, ob Kinder und Menschenaffen sich das am häufigsten demonstrierte Verhalten aneignen oder ob sie das von den meisten Individuen demonstrierte kopieren. Zweijährige Kinder, Schimpansen und Orang-Utans konnten dabei eine Belohnung von einer aus drei farbigen Teilabschnitten bestehenden Apparatur erhalten, wenn sie einen Ball – wie zuvor vier „Vorspieler“ – in einen Abschnitt einwarfen. Einer der Vorspieler wählte dafür dreimal denselben Teilabschnitt, die drei anderen wählten je einmal einen anderen Abschnitt. Anschließend durften die Beobachter selbst einen Ball in einen der drei Teilabschnitte werfen.
Das Ergebnis: Die meisten der Schimpansen und Kinder suchten den Teilabschnitt aus, den auch die Mehrheit gewählt hatte. Sie orientieren sich also daran, wie viele andere Individuen etwas machen.
Im zweiten Teil der Studie analysierten die Wissenschaftler, ob die Häufigkeit, mit der die Vorspieler einen Teilabschnitt auswählten, für die eigene Wahl ausschlaggebend war. Der Studienaufbau war ähnlich wie zuvor, mit einem Unterschied: Nur jeweils zwei Kinder, Schimpansen oder Orang-Utans demonstrierten die Aktion. Ein Vorspieler warf drei Bälle in einen der farbigen Teilabschnitte und erhielt dafür pro Ball eine Belohnung. Der zweite warf nur einen Ball in den anders farbigen Teilabschnitt und erhielt dafür eine Belohnung.
Das Ergebnis: Schimpansen und Orang-Utans wählten anschließend offenbar zufällig einen Teilabschnitt, während sich die meisten Kinder für den Teilabschnitt entschieden, in den mehr Bälle geworfen wurden.
Orang-Utans haben also den Schuss nicht gehört, sie werfen in irgendeinen Abschnitt, ohne Berücksichtigung ihrer gerade gemachten Beobachtungen. ->; Keine Weitergabe von Kultur. Eine mögliche Erklärung ist, dass Orang-Utans im Gegensatz zu Menschen- und Schimpansengruppen als Einzelgänger in losen Gruppengefügen zusammenleben. Soziales Lernen außerhalb der Mutter-Kind-Beziehung spielt daher bei ihnen möglicherweise eine kleinere Rolle. Aber wer fühlt sich auch schon Orang-Utans verbunden…
Schimpansen orientieren sich interessanterweise im Zweifel nicht daran, was sie am häufigsten gesehen haben, sondern daran, was sie bei den meisten anderen Schimpansen beobachtet haben. ->; Kultur und Tradition, orientiert an der beobachteten Mehrheit der anderen Individuen.
Zweijährige Kleinkinder richten sich vorrangig nach der Anzahl der beobachteten Individuen, darüber hinaus bei Gleichstand auch nach der Häufigkeit, in der sie die Dinge beobachten. ->;Kultur und Tradition, ausgefeilt.
Conclusio für die Kindererziehung: Mehr verschiedene Bezugspersonen, die sich an der Erziehung beteiligen, führen zu einem noch kultivierteren Kind…
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Weist das nicht auf ein gutes mathematisches Verständnis bei Kleinkindern hin? interessant wäre es, wenn man durch ähnliche Verfahren Rechenschwächen schon bei 2.jährigen erkennen könnte?