Geld macht allein

Geld allein macht nicht glücklich. Das ist nicht neu. Aber es macht einsam. Eine sehr spannenden Studie aus Science 2006 untermauert dies. In  „The Psychological Consequences of Money“ von Kathleen D. Vohs et al. berichten die Autoren über 9 Experimente, in denen sie einmal einen mit Geld assoziierten Schlüsselreiz und einmal einen neutralen Schlüsselreiz gesetzt haben. So mussten die Teilnehmer des Experimentes beispielsweise am Monitor einen Fragebogen ausfüllen. Nach kurzer Zeit kam ein Bildschirmschoner, der bei der einen Hälfte der Versuchspersonen Geldscheine zeigte, bei der anderen Hälfte erschienen Fische. Das reichte bereits aus, um das Verhalten der Versuchspersonen danach deutlich zu ändern: Kurz nach Erscheinen des jeweiligen Bildschirmschoners wurden die Versuchspersonen aufgefordert, einen zweiten Stuhl neben den eigenen Stuhl zu rücken, es käme noch eine zweite Versuchsperson dazu. Die Testteilnehmer, die die Geldscheine gesehen haben, rückten den Stuhl fast einen halben Meter weiter vom eigenen Stuhl entfernt an den Tisch als die Teilnehmer, die die Fische gesehen haben!
In einem zweiten Experiment spielten die Experimentatoren mit den Versuchspersonen Monopoly. Einer Gruppe gaben sie 4000 $ Spielgeld, einer Gruppe 200 $ Spielgeld und einer dritten Gruppe gar kein Spielgeld. Danach wurden sie einzeln unter einem Vorwand auf den Flur gebeten. Dort ließ eine Experimentatorin eine Handvoll Bleistifte fallen. Je mehr Spielgeld die Versuchspersonen zuvor gehabt hatten, desto weniger Bleistifte hoben sie für die Experimentatorin auf.
Eine Vielzahl von ähnlichen Experimenten unterstützen sehr stark das Erklärungsmodell, dass die Präsenz von Geld die Menschen dazu verändert, mehr auf sich selbst zu setzen statt auf Hilfe und Hilfsbereitschaft. Sie versuchen eher, sich autonom zu verhalten, Dinge auf eigene Faust zu machen. Die gefühlte und in Experimenten auch immer wieder messbar gemachte Distanz zu anderen Menschen steigt deutlich, soziale Interaktionen sinken deutlich. Geld macht also autonomer, aber auch einsamer.
In einer modernen Dienstleistungsgesellschaft setzen reiche Menschen ohnehin mehr auf Umzugsunternehmen statt auf Nachbarn und Freunde, auf Abendessen im Restaurant statt auf große Nudeltöpfe mit vielen Freunden, auf Babysitter statt auf befreundete Eltern. Das soziale Netz wird dadurch dünner.
Der zusätzliche Reichtum der reicheren Industrienationen macht ihre Völker nicht glücklicher als die Menschen ärmerer Völker. Dieser als Easterlin-Paradox bekannte Zusammenhang könnte sich dadurch erklären, dass die Abnahme der Intensität sozialer Beziehungen den Menschen mehr verängstigt, psychisch labiler und einfach weniger glücklich macht, als das zusätzliche Geld an Glück irgendwie aufwiegen kann.
Ein Buch zum Thema: 
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