Manche psychiatrischen Erkrankungen kommen einfach wie Asthma…

Die Patienten fragen uns immer wieder, woher eine bestimmte psychiatrische Erkrankung kommt.

„Woher kommt meine Depression?“

 „Was sind die Ursachen meiner Somatisierungsstörung?

Und das sind natürlich ganz berechtigte Fragen. Und manchmal können wir die Frage auch mit gutem Gewissen beantworten. Wenn zum Beispiel jemand seit einigen Monaten immer mehr Amphetamine konsumiert hat, und dann eine Psychose entwickelt, dann ist es berechtigt, zu sagen, dass der Drogenkonsum eine wichtige Ursache gewesen sein wird.

Aber für viele Erkrankungen kennen wir eben gerade nicht die eine Ursache, die alles erklärt. Dann wird es schwierig. Denn Patienten haben wie alle Menschen ein großes Kausalitätsbedürfnis und fragen immer wieder nach, woher ihre Erkrankung denn nun kommt. Am liebsten werden monokausale Erklärungen angenommen. Und Therapeuten sehen sich gerne als Experten und möchten daher eine schlüssige Erklärung für jede Erkrankung geben, auf die dann natürlich auch die Therapie aufbauen kann.
Interessanterweise werden dann immer wieder einige wenige Erklärungsmodelle herangezogen, die Therapeuten gut kennen, und die auch manchmal stimmen, zum Beispiel:

  • Bindungsstörung
  • Frühkindliches Trauma
  • Trauma allgemein
  • Invalidierendes Verhalten der Eltern
  • Streß

Und wenn diese Erklärungen passend sind, dann ist ja auch nichts gegen sie einzuwenden. Aber ich halte gar nichts davon, die immer gleichen Erklärungen für alles und jedes anzuführen, einfach, weil man nichts anderes kennt und nicht zugeben will, dass man es halt nicht erklären kann. Ich sage dann lieber:

Ach wissen Sie, mit der Ursache Ihrer Generalisierten Angststörung ist das so, wie mit Asthma. Manche Menschen haben Pech und kriegen diese Erkrankung, andere haben Glück und kriegen sie nicht. Ich kann auch morgen eine Generalisierte Angststörung entwickeln. Wie beim Astma kann es sein, dass es auch genetische Ursachen gibt, die wir vielleicht noch gar nicht kennen. Wie beim Asthma wird es auch Umweltfaktoren geben, die die Krankheit schlimmer machen können oder zur Linderung beitragen können. Bei der Angsterkrankung spielt erlerntes Verhalten schon oft eine besondere Rolle, die wir uns im Weiteren bei Ihnen auch angucken sollten. Im Moment aber kenne ich die Ursache Ihrer Erkrankung nicht. Vielleicht gibt es eine, vielleicht gibt es mehrere und möglicherweise finden wir die Ursachen nie heraus. Aber das ist nicht so schlimm. Asthma kann man auch dann behandeln, wenn man keine Ursache findet. Und das würde ich Ihnen gerne auch für Ihre Angststörung anbieten.

Diese Erklärung hat den Vorteil, dass sie nichts unterstellt, was gar nicht stimmt. Natürlich mache ich mich in der Therapie auf die Suche nach wiederkehrenden Situationen erlernter Angst und suche nach anderen Ursachen.
Aber wir Psychiater und Psychotherapeuten müssen meiner Meinung nach auch mal akzeptieren, dass wir nicht für jede Somatisierungsstörung, für jede manische oder depressive Episode, für jede Schizophrenie eine Erklärung finden. Das ist zumindest besser, als eine falsche zu geben…

 

5 Gedanken zu “Manche psychiatrischen Erkrankungen kommen einfach wie Asthma…

  1. Ovid 9. September 2014 / 18:11

    Was ist mit der Vulnerabilitätstheorie? Ich fasse das so auf, für irgendeine Erkrankung ist man vulnerabel, und wenn man den Körper / die Seele zu sehr belastet/ zu sehr stresst, bricht sie aus. Das kann eine Schizophrenie, eine Depression, aber genausogut Diabetes, Krebs oder ein Bandscheibenvorfall sein. Nur bei Infektionskrankheiten sieht es ein wenig anders aus, aber die spielen im Europa von heute ja auch eine kleinere Rolle….

  2. Seelenklempner 10. September 2014 / 16:13

    Wer glaubt für jede psychische Störung eine Erklärung zu haben hat … Größenideen. 🙂

    Das Vulnerabilitätskonzept gefällt mir persönlich auch sehr gut und ist auch psychoedukativ gewinnbringend einzusetzen. Ich glaube, was man zumindest vermitteln muss ist, dass die möglichen Ursachen, die evtl. in einer (psychiatrischen/somatischen) Erkrankung enden, multifaktoriell sind. Auf bestimmte Faktoren kann man Einfluß nehmen, auf bestimmte Faktoren eben nicht. Aber was dieser Erklärungsansatz bietet, ist das jeder Einzelne plötzlich in eine aktive Rolle zur Herstellung von Gesundheit oder auch Verhinderung von Krankheit kommt, da er seine Gesundheit mitgestalten kann und damit auch (in der Regel überwiegend) dafür selbst verantwortlich ist.

  3. Richard Friedel 13. Juli 2016 / 15:23

    Wegen der erstaunlichen Linderung durch chemische Asthmamittel verliert man die Physiologie des Leidens bzw. die Natural History aus den Augen. Erstaunlicher ist eigentlich die heilende Wirkung der lauten und scharfen Einatmung durch die Nase. Dann sind die üblichen Asthmadiskussionen eher peinlich.
    Meist hält man die absonderliche Atmung des Asthmatikers durch den Mund für eine Folge des Leidens und nicht etwas, das man durch Atemübungen abstellen sollte. Wegen der Nebenwirkungen der Asthmaarzneien, suchte ich von daher nach einer besseren heilenden Atmung, die scharfsinnig nicht nur auf die Beseitigung der Überatmung (Hyperventilation) sucht, sondern zusätzlich einen Reflex nutz.
    Hier half der Ansatz bei der Therapie nach Frau A.N.Strelnikova. Bei ihr wird laut durch die Nase eingeatmet. Ihre Heilatmung hat erwiesene Erfolge in Russland und anderswo. Als jemand mit Selbsterfahrung mit Asthma und mit dem Erlebnis der starken Heilwirkung der lauten Einatmung durch die Nase wirkt das Alles sehr überzeugend. Bei Graspollenwetter Mitte Juli, spüre ich zwar die Wirkung in Form eines asthmatischen Hustens, mit dem empfohlenen lauten Einatmen durch die Nase bleibt eine etwaige Wirkung auf das Wohlbefinden völlig aus. Hier ein Video der In Russland erfolgreichen Methode https://www.youtube.com/watch?v=GvQXH4c7PDM Im Takt mit der scharfen Einatmung werden die Fäuste geballt, dann tritt die gefurchte Atemnot und Erstickungsanfall nicht mehr auf.

  4. Richard Friedel 4. Dezember 2016 / 10:20

    Das Lächeln kann Asthma verjagen. Man kann zwar mit offenem Mund Lächeln, aber üblicher ist ein Lächeln mit geschlossen Lippen, was durch Reflex den Sympathicus erregt und so die Atmung vertieft. Nun bei Asthmatikern wird zu viel durch den Mund geatmet, so dass das Lächeln ohne oder mit zu wenig Lippendruck stattfindet und der Sympathicus Nerv nicht wie beim gesundenden Menschen erregt wird. Als jemand mit Asthmaerfahrung würde ich Lächeln gegen Asthma empfehlen. Man spürt den besseren Herzschlag und die Entspannung in der Brust. Also ein freundliches Gesicht zum bösen Spiel machen. Schade, dass die Medizin so sehr auf Medikamente fixiert ist und die „Lippenbremse“ mit schlaffen Lippen bei Asthma vorschreibt.

  5. Richard Friedel 16. Juni 2017 / 09:53

    Asthma ist nur ein beliebtes und traditionsreiches Scheinthema. Physiologische Aufklärung wird verpönt. Aus Rücksicht auf die Industrie oder auf den sekundären Krankheitsgewinn, sagt man nicht, dass Druck an einer Lippe den Atem heilend vertieft. Scharfes Einatmen durch die Nase (Atmung nach Frau Strelnikova) und Zusammendrücken der Lippen und Lippenübungen der Fa. Patakara zeigen taugliche Wirkungen und helfen gegen die Fachidiotie. Siehe „Medically unexplained physical symptoms MUPS“ Laut vorherrschender Meinung soll die Grundursache bei Asthma unbekannt sein.

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