Zu einem guten Fehlermanagement gehören drei Schritte:
- Fehler machen.
- Fehler erkennen und offen darüber sprechen.
- Diesen Fehler in Zukunft nicht mehr machen.
Ich hatte mir schon länger vorgenommen, typische Fehler hier immer mal zu besprechen, um deutlich zu machen, dass ein gutes Fehlermanagement einfach davon lebt, dass wir alle uns bewusst werden, dass wir nur Menschen sind, und daher dazu verurteilt sind, Fehler zu machen. Wichtig ist, das zu akzeptieren und daraus zu lernen.
Ich schildere hier nun einen fast-begangenen Fehler, da er gerade noch rechtzeitig auffiel, aber typisch und vermeidbar ist.
Ein Patient erhält in der Ambulanz alle zwei Wochen das Depot-Neuroleptikum Fluanxol Depot intramuskulär gespritzt. Fluanxol-Depot gibt es in zwei Konzentrationen:
- Fluanxol 10-prozentig: 1 ml enthält 100 mg Wirkstoff und
- Fluanxol 2-prozentig: 1 ml enthält 20 mg Wirkstoff.
Das kann praktisch sein, da die verordneten Dosierungen sehr unterschiedlich sind. Manche Patienten erhalten nur 20 mg, dann ist es sinnvoll, 1 ml der 20 mg Ampulle zu spritzen. Es wäre einfach schlecht zu dosieren, 0,2 ml der 100 mg Ampulle zu spritzen, das wird zu ungenau. Diese Konzentration hat also ihre Berechtigung.
Andere Patienten erhalten 80 ml. Dann nimmt man besser die Ampullen zu 100 mg, denn dann muss man nur 0,8 ml injizieren. Mit den Ampullen zu 20 mg müsste man 4 ml injizieren, was einfach so viel ist, dass es eher schmerzen kann.
Nun kommt der Stolperstein: Man darf natürlich NIE NIE NIE aufschreiben, dass ein Patient 1 ml Fluanxol-Depot bekommt, ohne zu schreiben, welche Konzentration gemeint ist. Das war neulich so dokumentiert, gemeint waren 1 ml von der 20 mg Ampulle. Bei der nächsten Spritze wollte man schon die 100 mg Ampulle nehmen und hiervon 1 ml spritzen, was zu einer fünffachen Dosis geführt hätte. In diesem Fall ist es kurz vor der Gabe noch aufgefallen, aber es hätte auch unbemerkt bleiben können.
Die Schlussfolgerung aus diesem Fall lautet:
Die Dosierung von Medikamenten soll immer in mg angegeben werden. Angaben wie Milliliter, Tabletten oder Ampullen sind fehlerträchtig, weil sie unterschiedliche Mengen an Wirkstoff enthalten können.
Schönes Beispiel! Man sollte auch wissen, was Enantiomere sind und nicht schließen, dass es sich „sicher nur um ein Generikum unter einem anderen Markennamen“ handelt. Hier erzielt man zwar „nur“ die doppelte Dosierung, aber der Peinlichkeitsfaktor liegt wohl deutlich über dem 5-fachen des o.g. Beispiels (so einem Facharzt für Psychosomatik geschehen).
„Andere Patienten erhalten 80 ml.“ Und da haben wir ihn wieder, den Fehlerteufel.
Oh-Wei, ja! Das ich gerade hier gerade diesen Fehler gemacht habe liegt zwischen lustig, tragik-komisch und unverzeihlich! Ich lasse ihn im Text stehen, als Beispiel dafür, dass man wirklich in der tatsächlichen Anordnung alles doppelt checken muss…
Danke für den Hinweis!
grins Also, das dritte Adjektiv, dass Du Deinem Fehler zuschreibst, kannst Du ruhig weglassen, denke ich. Denn die Angabe „ml“ in Bezug auf das Depot-Injektionsvolumen ist ja etwas übliches in der klinischen Arbeit. Nur sollte man natürlich auch mit aufschreiben, von was der Patient z.B. 0,8ml erhält. Die Umrechnung der Dosis vom „mg“ in „ml“ kann man auch (leider) nicht jedem Beschäftigten anvertrauen, der die Injektion durchführt. Obwohl der Dreisatz ja eigentlich gar nicht soooo die Wahnsinns-Mathematik darstellt! 😉
Ja, das Desaster mit der Umrechung kenne ich nur zu gut, wobei ich die Verwechslungsgefahr zwischen den Präparaten ebenfalls dazuzählen möchte, allen voran der „beliebte“ Fehler, Haldol Decanoat – Ampullen mit unretariertem zu verwechseln – trotz entsprechendem Farbunterschied!
Dazu nur noch am Rande folgendes Schmankerl: „Vitamin B12 hatten wir nicht mehr, ich habe mal zwölf Ampullen B1 aufgezogen…“ So wirklich geschehen im Stationsalltag und vorbereitet vom Stationspersonal… und nein, ich habe die 20 ml nicht s.c. gegeben…