Doktorspiele: Geständnisse eines Hochstaplers von Gerd Postel

Gerd Postel ist ja so eine Art Geisterbahn-Präsident der Psychiatrie-Geschichte. Nicht wirklich schrecklich, aber doch für einen Schrecken gut. Und irgendwie auch ein wenig faszinierend. Ausgebildet ausschließlich als Postbote, hat er in typischer Hochstapler-Manier mehrere Stellen als Arzt bekleidet, wurde auch mindestens einmal zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, bevor er am Höhepunkt seiner Hochstapler-Laufbahn für etwas mehr als ein Jahr Oberarzt in einer psychiatrischen Klinik in Ostdeutschland war. Nachdem der ganze Schwindel aufgeflogen war, hielt er sich noch eine Zeit lang versteckt. Dann folgte seine rechtskräftige Verurteilung und Postel saß zwei Drittel seiner Strafe ab. Danach kam er auf Bewährung frei. Er hat ein Buch geschrieben, in dessen Vorwort eine Figur namens Gert van Berg die Biografie Postels zusammenfassend darstellt und das Buch letztlich als Innenperspektive eines kranken Straftäters einordnet, die uns helfen kann, zu verstehen, wie Hochstapler denken. Ich konnte mit Google keinen Gert van Berg finden, was uns gleich zu Beginn ermahnt, alles mit eigenem Verstand kritisch zu hinterfragen, was uns so aufgetischt wird. Das ist grundsätzlich schon mal eine sinnvolle Übung. Das etwas sprunghaft geschriebene Buch vermittelt uns einige Einsichten über die Art Postels, sich und die Psychiatrie zu sehen sowie einige seiner Techniken, mit denen er seinem Hochstaplergewerbe nachging, etwa die besondere Bedeutung des Telefons als bevorzugte Distanzwaffe des Hochstaplers. darüber hinaus fand ich das Buch ganz unterhaltsam zu lesen. Ich will die Straftat und den Vertrauensverlust, der sich für die von Postel behandelten Patienten eingestellt hat, nicht verharmlosen, aber die Rückblicke eines verurteilten Straftäters können manchmal ganz interessant zu lesen sein. Das Buch findet ihr bei Amazon hier.

4 Gedanken zu “Doktorspiele: Geständnisse eines Hochstaplers von Gerd Postel

  1. Susanne_Meyer 1. Juli 2017 / 02:39

    „Ich will die Straftat und den Vertrauensverlust, der sich für die von Postel behandelten Patienten eingestellt hat, nicht verharmlosen“

    ?? Kennen Sie dazu Äußerungen von Patienten, die bei Postel in Behandlung waren?

    P.S: Wenn es nur Leute mit gefälschten Approbationen hinkriegen, einen Vertrauensverlust in die Institution Psychiatrie hinzukriegen, dann war ich fast nur bei Hochstaplern in Behandlung. Interessant…. man müsste deren Zeugnisse mal überprüfen. Aber ich vermute, bei denen war alles echt.

  2. Lena 1. Juli 2017 / 10:15

    Man kann es drehen und wenden wie man will. Dass Postel angestellt wurde und unbemerkt als Psychiater gearbeitet hat ist Fakt. Und sowas konnte nur passieren, weil ihn „echte Kollegen“ nicht durchschaut haben. Ebenfalls Fakt.

    Dadurch ist aber schmunzeln und lächeln zu Recht auch erlaubt, da es verständlicherweise eher dümmlich anmutet, wenn studierte Akademiker so etwas in den eigenen Reihen nicht bemerken, weil anscheinend der Wissensstand auch für Laien, wie man sieht, in kurzer Zeit erlernbar ist. Dauert doch das Studium und die Ausbildung zum Psychiater ellenlange und doch hat Postel der Postbote alle gelinkt 😉

    Irgendwie beschämend für die Zunft der Ärzte und amüsant, belustigend für alle psychiatrie(un)erfahrenen Patienten oder Nicht-Patienten, Angehörigen, oder etc.

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