Im 109. PsychCast unterhalte ich mich mit Dr. Kai Gruhn, der als Facharzt für Neurologie am Neuro Center Mettman arbeitet. Er ist einer der Gastgeber des Podcasts Klinisch relevant. Wir haben uns als Fallbeispiel einen alkoholintoxizierten Patienten ausgesucht, der nach der Ausnüchterung noch auffällig bleibt. An diesem Beispiel zeigt sich sehr gut, dass man sowohl psychiatrische als auch neurologische Kompetenzen braucht, um dem Patienten gerecht zu werden.
Shownotes
- Wann nehme ich einen alkoholintoxizierten Patienten auf eine Intensivstation auf und wann in eine Psychiatrie? https://psychiatrietogo.de/2018/10/16/kurze-frage-mit-wie-viel-promille-darf-man-noch-in-der-psychiatrie-aufgenommen-werden-und-ab-wann-soll-man-eher-auf-eine-intensivstation/
- Delirbehandlung: https://psychiatrietogo.de/2019/06/22/das-delir/
- Wernicke-Enzephalopathie: https://de.wikipedia.org/wiki/Wernicke-Enzephalopathie
- Korsakow-Syndrom: https://de.wikipedia.org/wiki/Korsakow-Syndrom
Den Podcast findet ihr hier oder könnt ihn gleich hier auf dieser Seite anhören.
Meine Erfahrung in Neurologie und Psychiatrie ist, dass Suchtpatienten in der Somatik oft als „Patienten zweiter Klasse“ behandelt werden, da sie ohnehin knappe Ressourcen binden, teils sehr aggressiv sind und die Tendenz besteht, dass sie alle paar Tage in gleichem Zustand zurückkommen.
In einem Haus, in dem ich gearbeitet habe, bestand die Ansage, Pat. mit über zwei Promille auch nicht gegen ärztlichen Rat gehen zu lassen sondern auf jeden Fall dazubehalten. An ein PsychKG hat da keiner gedacht, und die – in der Regel klinisch nicht sehr intoxikiert wirkenden – Menschen wurden teils mit erheblicher Gewalt auf der ITS fixiert. Erschwerend kam hinzu, dass der Rettungsdienst nicht müde wurde, Alkoholiker, die irgendwo ihren Rausch ausschliefen, einfach gegen ihren Willen mitzunehmen und bei uns vorbeizubringen.
Auch ist mir immer wieder aufgefallen, dass selbst in Häusern der Maximalversorgung teils sehr abenteuerliche „Entgiftungsschemata“ genutzt werden.
Die Krönung war eine neurologische Fachabteilung, in der einem Alkoholpatienten einfach mal gar keine Medikamente gegeben wurden und er dann, als er delirant und verhaltensauffällig wurde, mit PsychKG in die Psychiatrie abgeturft wurde.