Bupropion (z.B. Elontril®)

Bupropion Tabletten. Foto: [Tery-butyl / CC BY-SA]

Bupropion

  • ist zugelassen zur Behandlung der Depression und zur Unterstützung der Rauchentwöhnung.  
  • ist ein Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI). Es ist chemisch den Amphetaminen verwandt.
  • gilt als nicht ganz so wirkstark wie klassische SSRI, aber als gut verträglich. 
  • wird im ersten Monat mit 150 mg morgens dosiert, bei unzureichender Wirkung ab dem zweiten Monat mit 300 mg morgens.

Bupropion nimmt unter den Antidepressiva eine Sonderrolle ein, da es sich chemisch, pharmakologisch und bezüglich seiner Nebenwirkungen von den SSRI und SSNRI unterscheidet. Es hemmt die Noradrenalin- und Dopaminwiederaufnahme und wird daher als NDRI klassifiziert. Chemisch gehört es zur Gruppe der Amphetamine, und es hat bei einigen Patienten tatsächlich eine aktivierende Wirkung. 

In Deutschland wird es als antriebssteigerndes Antidepressivum und zur Unterstützung der Rauchentwöhnung eingesetzt. 

Vor allem in den USA wird es auch in der Behandlung von ADHS, pathologischem Spielen und der Unterstützung der Entzugsbehandlung von Amphetaminen und Cocain eingesetzt [3]. 

Bupropion kann Unruhe verursachen, die Krampfschwelle senken und bei einigen Patienten in geringem Maße ein Mißbrauchspotential entwickeln. 

Pharmakologie

Wirkungsweise (Pharmakodynamik)

Bupropion hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin. Es wird daher als SNDRI klassifiziert. Klinisch steht die Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung im Vordergrund. Es hemmt nur minimal die Wiederaufnahme von Serotonin. Es hemmt nicht die Aktivität der MAO´s.

Dieses Profil ist für ein Antidepressivum ungewöhnlich. Die fehlende Serotonin-Wiederaufnahmehemmung erklärt, warum Bupropion die für SSRI typischen Nebenwirkungen nicht verursacht. 

Verstoffwechselung (Pharmakokinetik)

  • Obwohl Bupropion selbst nicht über das Enzym CYP 2D6 metabolisiert wird, hemmt es den CYP 2D6 Stoffwechselweg. 
  • Medikamente, die über CYP 2D6 abgebaut werden, wie zum Beispiel Risperidon oder Metoprolol können bei gleichzeitiger Behandlung mit Bupropion einen deutlich höheren Blutspiegel aufbauen. Auch das häufig verordnete Citalopram, das nicht in erster Linie über CYP 2D6 metabolisiert wird, zeigte in einer Studie bei gleichzeitiger Behandlung mit Bupropion 30-40% erhöhte Blutspiegel.
  • Andererseits können Medikamente wie Tamoxifen, das erst durch die Aktivität des CYP 2D6 Enzyms in seine wirksame Form Endoxifen überführt werden muss, unter gleichzeitiger Behandlung mit Bupropion möglicherweise zu niedrige Wirkspiegel aufbauen.  
  • Bupropion selbst wird hauptsächlich vom CYP 2B6 Isoenzym abgebaut. CYP 2B6 Inhibitoren wie Clopidogrel können daher den Bupropion-Spiegel erhöhen und den Spiegel des aktiven Metaboliten Hydroxybupropion erniedrigen.
  • Die gleichzeitige Anwendung von Bupropion und einem Nikotinpflaster kann zu Blutdruckanstieg führen.
  • Bupropion kann problemlos mit den Neuen Oralen Antikoagulantien (NOAK) kombiniert werden, da es die Serotoninwiederaufnahme nicht hemmt und daher die Thrombozytenfunktion nicht stört.
  • Da Bupropion chemisch der Klasse der Amphetamine angehört, kann die Einnahme von Bupropion falsch positive Drogentests auf Amphetamine verursachen.

Klinischer Einsatz

Bupropion wird als Antidepressivum üblicherweise erst als Mittel der zweiten oder dritten Wahl eingesetzt, wenn SSRI und SNRI versagt haben, oder wenn deren Nebenwirkungen zu ausgeprägt waren. Bei leichten und mittelschweren Depressionen mit reduziertem Antrieb kann Bupropion gut wirksam sein. 

Bupropion kann die Rauchentwöhnung wirksam unterstützen. Für diese Indikation ist es in Deutschland unter dem Handelsnamen Zyban® zugelassen. In einer Metaanalyse von 31 Studien zeigte sich, dass in der mit Bupropion behandelten Gruppe 19 % über sechs Monate abstinent blieben, in der Placebogruppe waren es lediglich 10,3 %. [5] 

Es wird auch bei ADHS eingesetzt, in dieser Indikation jedoch off-label.

Dosierung

  • Im ersten Monat 150 – 0 – 0 – 0 mg. 
  • Bei unzureichender Wirkung im zweiten Monat auf 300 – 0 – 0 – 0 mg.
  • Bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen beträgt die Höchstdosis 150 – 0 – 0 – 0 mg. 

Nebenwirkungen

Bupropion zeigt kaum die Nebenwirkungen klassischer SSRI sondern eher das Nebenwirkungsprofil der Psychostimulanzien. Insbesondere treten vor allem zu Beginn der Behandlung häufig Schlaflosigkeit, Unruhe und Mundtrockenheit auf. 

Weitere Nebenwirkungen können Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen, erhöhter Blutdruck, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen sein.

Es kann zu einer Absenkung der Krampfschwelle kommen, allerdings trat dies in den Studien eher ab einer Dosis von 600 mg pro Tag und mehr auf, was inzwischen nicht mehr verordnet werden darf. Patienten, die während der Behandlung mit Bupropion einen Krampfanfall erleiden, müssen es absetzen und dürfen die Behandlung nicht wieder aufnehmen.

Die unter SSRI häufiger auftretenden Nebenwirkungen im sexuellen Bereich, insbesondere der verzögerte Orgasmus, kommen unter Bupropion selten vor. 

Evidenz based medicine

Das IQWiG hat im Jahr 2009 eine Nutzenbewertung von Bupropion durchgeführt [4]. Im Ergebnis des Berichtes wird ausgeführt: 

„Es gibt einen Beleg für einen Nutzen von Bupropion XL im Vergleich zu Placebo in der Kurzzeitakuttherapie für die Zielgrößen Remission und Response. Ein Nutzen bezüglich der mittleren Änderung der antidepressiven Symptomatik auf der MADRS ist nicht belegt.

Im Vergleich zu Venlafaxin XR ist ein geringerer Nutzen von Bupropion XL für die Remission und die Response belegt.“

IQWiG 2009. „Bupropion, Mirtazapin und Reboxetin bei der Behandlung der Depression – Abschlussbericht“

Mein persönliches Fazit

Ich wende Bupropion als Antidepressivum der zweiten oder dritten Wahl an, insbesondere, wenn SSRI und SNRI zu starke Nebenwirkungen gehabt haben. Dies ist am ehesten dann der Fall, wenn Männer bei Behandlung mit SSRI unter verzögertem Orgasmus leiden.

In meiner Erfahrung und nach dem aktuellen Literaturstand ist es schwächer wirksam als SSRI. Dennoch gibt es Patienten mit mittelgradigen, eher antriebsgeminderten Depressionen, die unter Bupropion wirksam und nebenwirkungsarm behandelt werden können.

Als Unterstützung der Rauchentwöhnung ist es der Studienlage nach neben Vareniclin gut wirksam.

Weblinks

  1. Wikipedia-Eintrag Bupropion
  2. Fachinformation Bupropion
  3. Emerging Targets and Therapeutics in the Treatment of Psychostimulant Abuse. Linda Dwoskin
  4. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen [Institute for Quality and Efficiency in Health Care]. Bupropion, Mirtazapin und Reboxetin bei der Behandlung der Depression – Abschlussbericht. 2009
  5. Wikipedia-Eintrag Bupropion (https://de.wikipedia.org/wiki/Bupropion#) zu Hughes JR, Stead LF, Lancaster T. Antidepressants for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev 2007

Copyright

Dieser Beitrag ist ein Auszug beziehungsweise eine auszugsweise Vorabveröffentlichung des Werks „Psychopharmakotherapie griffbereit“ von Dr. Jan Dreher, © Georg Thieme Verlag KG. Die ausschließlichen Nutzungsrechte liegen beim Verlag. Bitte wenden Sie sich an permissions@thieme.de, sofern Sie den Beitrag weiterverwenden möchten.

Euer Feedback ?

Das sind die Ergebnisse meiner bisherigen Recherchen. Auf diesem Blog stelle ich solche Texte ja explizit zur Diskussion und bitte euch um eure Ergänzungen, Veränderungs- und Verbesserungsvorschläge. Auch bin ich sehr interessiert an eurer Einschätzung zu Bupropion. Setzt ihr es ein? In welchen Situationen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht. Auch interessiert mich sehr die Rückmeldung von Patient:innen, die es selbst einnehmen! Wie vertragt ihr es? Wie hat es bei euch gewirkt? Schreibt euer Feedback bitte gerne hier in die Kommentare!

Antidepressiva Äquivalenzdosierungen

Wenn man von einem Antidepressivum zu einem anderen wechselt, will man ja wissen, welche Dosis des neuen Medikamentes äquivalent zur Dosis des vorigen Medikamentes ist. Natürlich gibt es da so ein Bauchgefühl, was ungefähr gleichstark ist, aber erfreulicherweise gibt es auch vernünftig zusammengestellte Äquivalenzdosierungen.
Das Paper „Dose equivalents of antidepressants: Evidence-based recommendations from randomized controlled trials“1 kann hier kostenlos im Volltext heruntergeladen werden. Eine Forschergruppe, in der unter anderem Stefan Leucht aus München mitwirkte, wertete 83 Studien mit insgesamt 14131 Patienten aus, in denen verschiedene Antidepressiva in flexibler Dosis gegen Fluoxetin oder Paroxetin verglichen wurden. Die tatsächlich gegebenen mittleren Dosierungen der verschiedenen Substanzen wurden dann zu 40 mg Fluoxetin ins Verhältnis gesetzt.
In der Zusammenfassung heißt es:

„In the primary analysis, fluoxetine 40 mg/day was equivalent to paroxetine dosage of 34.0 mg/day, agomelatine 53.2 mg/day, amitriptyline, 122.3 mg/day, bupropion 348.5 mg/day, clomipramine 116.1 mg/day, desipramine 196.3 mg/day, dothiepin 154.8 mg/ day, doxepin 140.1 mg/day, escitalopram 18.0 mg/day, fluvoxamine 143.3 mg/day, imipramine 137.2 mg/ day, lofepramine 250.2 mg/day, maprotiline 118.0 mg/day, mianserin, 101.1 mg/day, mirtazapine 50.9 mg/ day, moclobemide 575.2 mg/day, nefazodone 535.2 mg/day, nortriptyline 100.9 mg/day, reboxetine 11.5 mg/day, sertraline 98.5 mg/day, trazodone 401.4 mg/day, and venlafaxine 149.4 mg/day.“

Nun hat dieser Vergleich der Wirkstärke insgesamt natürlich so seine Limitationen. Eigentlich kann man ein SSRI nicht mit einem SNRI vergleichen, weil dessen noradrenerge Wirkung bei einem SSRI gar nicht vorhanden ist. Auch bestimmte Nebenwirkungen wie Sedierung, Gewichtszunahme, Müdigkeit und andere kommen bei einem Medikament vor, beim anderen aber nicht. Das schränkt die Aussage einer solchen Vergleichstabelle natürlich ein. Aber die Tabelle soll auch nicht so tun, als könne man jedes Antidepressivum einfach in ein anderes umrechnen. Sie soll nur einen Hinweis geben, bei welcher ungefähren Dosierung ähnliche Wirkstärken zu erwarten sind.
In der oben genannten Veröffentlichung kommen Duloxetin, Milnacipran und Trimipramin leider nicht vor. Für meine eigene Aufstellung habe ich selbst für diese drei Substanzen jeweils die zulässige Tageshöchstdosis mit 40 mg Citalopram gleichgesetzt, wohlwissend, dass diese Dosierungen nicht gleich stark sein müssen. Dann habe ich die Dosierungen auf solche Dosierungen gerundet, die man mit den verfügbaren Medikamenten auch tatsächlich geben kann. Dabei habe ich manchmal die errechnete Dosis um ein paar Prozent nach oben oder unten angepaßt, um real verfügbare Tablettendosierungen zu erreichen. Bei Escitalopram habe ich der Einfachheit halber 40 mg Citalopram mit 20 mg Escitalopram gleich gesetzt. Der Studie nach wären hier 18 mg einzusetzen, aber das macht weder pharmakologisch Sinn, noch ist diese kleine Abweichung klinisch relevant.

Dann habe ich alle Werte auf Citalopram umgerechnet und nur die Medikamente aufgeführt, die ich in meinem Buch behandele. Daraus ergibt sich folgende Tabelle der Äquivalenzdosierungen:

Die resultierenden Dosierungen finde ich klinisch plausibel. Sie bilden zwar nicht das genaue und von Substanz zu Substanz unterschiedliche Wirkspektrum ab, als Anhalt für vergleichbare Dosierungen vergleichbarer Wirkstärken finde ich sie aber gut verwendbar.

Was haltet ihr von dieser Überlegung? Sind die Werte plausibel? Entsprechen sie eurer klinischen Praxis? Macht eine solche Tabelle Sinn? Oder sind die Vereinfachungen, die ihr zugrunde liegen, zu groß?

Copyright

 

Dieser Beitrag ist ein Auszug beziehungsweise eine auszugsweise Vorabveröffentlichung des Werks „Psychopharmakotherapie griffbereit“ von Dr. Jan Dreher, © Georg Thieme Verlag KG. Die ausschließlichen Nutzungsrechte liegen beim Verlag. Bitte wenden Sie sich an permissions@thieme.de, sofern Sie den Beitrag weiterverwenden möchten.


  1. Hayasaka Y, Purgato M, Magni LR, Ogawa Y, Takeshima N, Cipriani A, et al. Dose equivalents of antidepressants_ Evidence-based recommendations from randomized controlled trials. Journal of Affective Disorders. Elsevier; 2015 Jul 15;180(C):179–84. ↩︎