Methadon kann die QTc-Zeit verlängern, Polamidon nicht.

Methadon  kann in Dosierungen über 100 mg pro Tag recht ausgeprägte QTc-Zeit-Verlängerungen verursachen.

Methadon besteht aus zwei Stereoisomeren, dem linksdrehenden und schmerzstillenden Levomethadon und dem rechtsdrehenden, nicht schmerzstillenden Dextromethadon. Eine genauere Erklärung findet ihr hier.

Die Verlängerung der QTc-Zeit unter Methadon wird jedoch nur von Dextromethadon verursacht. Wenn ein Patient unter dem „Gemisch“ Methadon eine relevante QTc-Zeit Verlängerung entwickelt hat, hilft es, ihn auf das „reine“ Levomethadon (aka L-Polamidon) umzustellen. Dies verursacht in der Regel keine QTc-Zeit Verlängerung.

Literatur

Nicolas Ansermot et al.: Substitution of (R,S)-Methadone by (R)-Methadone – Impact on QTc Interval Clinical Guidelines. In: Archives of Internal Medicine. Vol. 170 No. 6, 22. Mar 2010, S. 529–536.

Was ist hier falsch?

Aktuelle Medikation

  • Amiodaron
  • Citalopram 20-0-0-0 mg

Was ist hier falsch?

Amiodaron ist ein Antiarrhythmikum. Es kann eine deutliche Verlängerung der QTc-Zeit verursachen. Auch Citalopram kann die QTc-Zeit verlängern. Die Kombination beider Substanzen ist daher kritisch, da die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen QTc-Zeit Verlängerung mit der Gefahr einer lebensbedrohlichen Torsade-de-point-Tachycardie erhöht ist.

Welche Alternative besteht?

In diesem Fall könnte man Amiodaron beibehalten, aber Citalopram auf beispielsweise Sertralin umstellen. Sertralin ist nicht dafür bekannt, die QTc-Zeit zu verlängern. Natürlich soll man zusätzlich in regelmäßigen Abständen ein EKG durchführen und die Elektrolyte bestimmen, da auch Hypokaliämien Rhythmusstörungen begünstigen können.

Grenzwerte der QTc-Zeit

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Inzwischen weiß wohl jeder Psychiater, dass er auf die QTc-Zeit im EKG achten muss. Es gibt Medikamente, die die Erregungsausbreitung im Herzen verlangsamen können und im schlimmsten Fall eine tödliche Herzrhythmusstörung auslösen können. Ob und in welchem Maße dieses Problem auftritt, kann man im EKG anhand der QTc-Zeit ablesen. Einen ausführlichen post dazu habe ich hier geschrieben.

Ich bereite gerade einen Vortrag für das Forum für medizinische Fortbildungen im Sommer vor, und habe die wichtigsten take-home-messages zur QTc-Zeit auf Folien zusammengestellt.

Die QTc- Zeit ist kritisch, wenn sie

  • bei Männern > 450 ms beträgt
  • bei Frauen > 470 ms beträgt
  • unter der Medikation um 60 ms oder mehr angestiegen ist.

Ich habe auch noch zwei Folien erstellt, die für die Gruppe der Antidepressiva und der Antipsychotika jeweils drei unkritische, mittelmäßig verdächtige und kritische Medikamente nennt.

qtc-zeiten-und-antidepressivaqtc-zeiten-und-antipsychotika

Ich habe die Folien hier hochgeladen; wer sie für Fortbildungsveranstaltungen verwenden will, darf das gerne tun, unter Hinweis auf die Quelle.

Welche QTc-Zeit ist eigentlich kritisch?

Inzwischen hat sich ja rumgesprochen, dass bestimmte Medikamente wie Citalopram, Escitalopram und Sertindol die QTc-Zeit verlängern können. Dies begünstigt Torsade de pointes Tachykardien, die tödlich sein können. Daher soll man bei Verschreibung dieser Substanzen regelmäßig die QTc-Zeit kontrollieren. Aber ab wann wird’s eigentlich kritisch?

  • Ab 420 msec ist die QTc-Zeit verdächtig und muss kontrolliert werden, die Medikation muss überdacht werden.

  • Ab 500 msec oder einer Zunahme von 60 msec oder mehr ist die QTc-Zeit so hoch, dass man die entsprechenden die QTc-Zeit verlängernden Medikamente absetzen sollte.

  • Nicht die Dosis, sondern die Wirkstoffkonzentration am Wirkort bestimmen über die Stärke der Nebenwirkungen. Es ist daher sinnvoll, bei Patienten, die mehrere Risikofaktoren für eine verlängerte QTc-Zeit haben (hohes Alter, weiblich, mehrere CYP-p450 hemmende Medikamente), den Blutspiegel verdächtiger Medikamente zu messen.

Die QTc Zeit immer mal wieder…

Bild: psychiatrietogo. creative commons.

QTc Zeit

Aufmerksame Leser dieses blogs wisssen es natürlich spätestens seit dem Artikel über Sertindol; bei einer ganzen Reihe von Neuroleptika ist es von großer Bedeutung, vor Beginn der Behandlung, nach Erreichen eines steady state und im Verlauf immer mal wieder die QTc Zeit zu bestimmen. In der Praxis sollte man meiner Meinung nach so vorgehen:

  • Erstes EKG: Vor Beginn der Behandlung mit einem verdächtigen Medikament
  • Zweites EKG: Eine Woche nach der Neuverabreichung oder Dosissteigerung eines verdächtigen Medikamentes
  • Nächstes EKG: Bei Sertindol alle drei Monate, bei anderen verdächtigen Medikamenten möglicherweise in etwas längeren Abständen, aber regelmäßig.

Grenzwerte für die QTc Zeit sind:

  • Männer: QTc Zeit > 450 msec
  • Frauen: QTc Zeit> 470 msec
  • Beide: QTc Zeit hat sich seit der letzten Messung deutlich verlängert.

Die Grafik oben zeigt einige wichtige oder häufig verordnete Neuroleptika, geordnet nach dem Ausmaß der durchschnittlichen QTc Zeit Verlängerung. Die Grafik ist natürlich nicht vollständig, andere Substanzen verlängern ebenfalls die QTc Zeit, hier muss man sich immer im Einzelnen ein Bild machen, wie ausgeprägt dies ist. Und man muss bedenken, dass die Kombination von Substanzen, die jeweils die QTc Zeit verlängern können, dies zusammen noch sehr viel stärker tun können. Am ausgeprägtesten ist die QTc Zeit Verlängerung durchschnittlich unter Thioridazin, das als Melleril vertrieben wird. Bei Verwendung von Thioridazin sind regelmäßige EKG Kontrollen sinnvoll. Pimozid wird als Orap vertrieben. Hier ist ein sehr guter Artikel aus dem Ärzteblatt, der sehr viel differenzierter über die einzelnen Substanzen berichtet und mehr Substanzen in Bezug auf ihre QTc Zeit Verlängerung beschreibt. Im Fall von Haloperidol ist es wohl so, dass Es eine überzeugende Datenlage zur Gefahr von QTc Zeit Verlängerungen mit daraus sich ergebender Torsade de pointes Rhythmusstörung gab, was auch daran liegen kann, dass Haloperidol i.v. Oft auf Intensivstationen gegeben wird, und diese Nebenwirkung hier sehr gut beobachtet werden kann und daher öfter auffällt. Zuroralen Gabe von Haloperidol und damit verlängerter QTc Zeitgibt es meines Wissens nach noch nicht so dramatische Erkenntnisse, was nicht heißt, dass Haldol oral unbedenklich ist. Aufgrund der Sicherlich durch Haldol i.v. Gabe verursachbaren Rhythmusstörungen ist es inzwischen nicht mehr erlaubt, Haloperidol intravenös zu verabreichen. Bei Gabe von Medikamenten, die die QTc Zeit verlängern können, ist es wichtig, Kalium und Magnesium im Blut zu untersuchen, da hypokaliämien und Hypomagnesiämien eine Torsade de Pointes begünstigen können. Eine deutlich verlängerte QTc Zeit kann zu ernsthaften Herzrhythmusstörungen führen, im schlimmsten Falle auch zu einer Torsade de Pointes.