
Blogs geben ja nun einmal die persönliche Meinung des Blogautors wieder. Nichts anderes. Und das ist auch gut so. Bezüglich des Medikamentes Quetiapin (z. B. Seroquel®) gibt es eine recht breite Streuung der Einschätzungen. Manche halten es für dünne Plörre, die kaum Wirkungen zeigt, manche halten es für ein sehr gut verträgliches Medikament, dass gut gegen Psychosen wirkt, Affekte stabilisiert, phasenprophylaktisch wirkt, antidepressiv wirkt und Läuse tötet.
Nun also meine höchstpersönliche Meinung:
Also: Es gibt ja hochpotente Neuroleptika, wie z.B. Haldol, Risperdal und Zyprexa. Diese Substanzen heißen hochpotent, weil sie sehr potent gegen Wahn und Halluzinationen wirken, aber nur recht wenig sedieren.
Es gibt mittelpotente Neuroleptika, wie das gute alte Taxilan, die sowohl gegen den Wahn wirken, aber eben nicht ganz so durchschlagkräftig wie hochpotente Neuroleptika, und auch sedieren, aber nicht so stark wie die niedrigpotenten Neuroleptika.
Und es gibt die niedrigpotenten Neuroleptika, wie Atosil oder Truxal. Diese wirken fast nicht gegen Wahn und Halluzinationen, sedieren aber sehr gut.
Und wo steht Quetiapin (z.B. Seroquel®)?
In dieser Systematik ordne ich das Quetiapin (=Seroquel) in der Gruppe der mittelpotenten Neuroleptika ein. Es wirkt schon gegen Wahn und Halluzinationen, allerdings meiner Erfahrung nach erst in einer Dosis oberhalb von 600-800 mg pro Tag. Dabei tritt die Wirkung aber langsamer ein und ist bei schwer Kranken weit weniger durchschlagend als bei Risperidon, Haloperidol oder Olanzapin. Es sediert nicht wenig und wird auch oft hierfür verwendet. Die Kombination aus milder Neurolepsie und milder Sedierung ist ja nicht schlecht und wird oft und gerne verschrieben und von sehr vielen Patienten auch gerne eingenommen. Wer noch Erfahrung mit Perazin (z.B. Taxilan) hat, weiß, dass mittelpotente Neuroleptika für viele Patienten eine gute Wahl sind und für einige auch eine ausreichende Rezidivprophylaxe bieten. Allerdings nicht bei allen.
Eingesetzt bei Psychosen sehe ich bei Seroquel häufig das Problem, dass es in sehr niedrigen Dosierungen gegeben wird, in dieser Dosis dann auch sehr gut verträglich und oft als angenehm sedierend eingeschätzt wird, aber nicht ausreichend kräftig rezidivprophylaktisch wirkt. Der Preis kann dann ein mit einer anderen Medikation möglicherweise nicht aufgetretenes Rezidiv sein. Und das wäre ein hoher Preis.
Einen festen Platz hat Seroquel in der Gerontopsychiatrie und bei der Behandlung von psychotischen Symptomen bei M. Parkinson, da es tatsächlich praktisch nie EPMS macht. Als mittelpotentes Neuroleptikum finde ich es gut und gut verträglich, aber sehr teuer. Ich selbst glaube nicht an die beworbene Qualität als Phasenprophylaktikum, Affektstabilisierer oder Antidepressivum.
Das Patent für die unretardierte Form von Seroquel läuft am 24.03.2012 ab. Die Prolong-Form bleibt patentgeschützt. Ich bin gespannt, wie die Verordnungskultur sich durch den fallenden Preis, aber auch die mutmaßlich deutlich reduzierte Bewerbung durch die Firma verändern wird. Sehr erfreulich ist, dass nach Risperidon, Amisulprid und Olanzapin nun bald ein weiteres atypisches Neuroleptikum den Patentschutz verliert und damit preiswerter werden wird.
Ich bin sicher, dass es zu dieser Einschätzung recht viele Meinungen geben wird. Bitte schreibt ALLE Eure Einschätzung von Quetiapin in die Kommentare!

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