Introvertierte versus extravertierte Menschen

Ich selbst breche ja immer gerne eine Lanze für die Introvertierten. Sie kommen in unserer etwas effektheischerischen Medienlandschaft nicht so gut weg wie die Extravertierten (die übrigens wirklich nicht Extrovertierten heißen sondern wirklich Extravertierten…). Den Extravertierten gehört halt immer die Bühne, und über sie wird mehr berichtet.

Dabei machen die Introvertierten genau so gute Arbeit, sind mindestens genau so zuverlässig und meist genau so produktiv wie die Extravertierten.

Nun denkt man ja immer, dass der Unterschied zwischen beiden darin liegt, dass die Extravertierten gerne die Bühne suchen, um dann, wenn sie produktiv sind, eben im Rampenlicht produktiv zu sein. Und die Introvertierten gehen in ihr stilles Kämmerlein, um dort ihre Arbeit an vielen komplizierten Excel-Tabellen zu verrichten, und diese dann lautlos ihrem Chef zu mailen. So kann man den Unterschied operationalisieren.

Ich habe aber unlängst gelesen, dass man die beiden Typen mindestens ebenso gut, wenn nicht besser, daran unterscheiden kann, wie sie sich regenerieren.

Die Extravertierten regenerieren sich eben gerne unter Menschen, in Geselligkeit und in sozialer Action.

Die Introvertierten regenerieren sich gerne allein, vielleicht mit einem Buch oder einer Beschäftigung mit einer Sache, aber eben allein.

Seit ich das gelesen habe (ich habe leider vergessen, wo ich es gelesen habe), denke ich oft daran, und finde, dass diese Unterscheidung viel mehr Sinn macht und meist besser zutrifft, als die Frage, wie einer hauptsächlich arbeitet. Denn auch introvertierte Menschen müssen oft was in Gruppen machen, und extravertierte haben auch einen Schreibtisch.

Was haltet ihr von dieser Art der Unterscheidung? Introvertierte bitte in den Kommentar schreiben, Extravertierte bitte auf Twitter antworten… 🙂

22 Gedanken zu “Introvertierte versus extravertierte Menschen

  1. Leviakon 28. Juli 2015 / 18:02

    Ja, da stimme ich zu.
    Allerdings lässt sich dieses Konzept noch erweitern. Beispielsweise mit dem MBTI.
    Hier ein Link für den Test auf Englisch: http://www.16personalities.com/free-personality-test
    Und hier nochmal auf Deutsch: http://www.16personalities.com/de/kostenloser-personlichkeitstest
    Die Theorie dahinter hier: http://www.16personalities.com/articles/our-theory

    Natürlich gibt es noch viele andere Seiten, aber mit dieser komme ich ganz gut klar. Die deutschen Typenbeschreibungen sind sehr kurz und nicht ausführlich. Ich empfehle daher, sich seinen Typen auf Englisch durchzulesen, da es auf Englisch ausführlicher ist.
    Es differenziert nicht nur nach Intro- und Extraversion, sondern auch nach drei (eigentlich vier) weiteren. So gibt es 16 verschiedene Persönlichkeitstypen, dort wieder zwei Varianten. Aber lies einfach die Theorie.
    Du kannst mir ja dann sagen, was bei dir herauskommt. Ich bin ein INTJ-A. Und es passt.

    • tordis 1. August 2015 / 22:29

      Hat nicht CG Jung, auf dessen kognitiven Funktionen der MBTI basiert, ganz ganz viel zu Intro/Extro publiziert? Ich weiß es nicht, leider. Vielleicht steht näheres in Susan Cain: Quiet (Quasi die Intro-Bibel), muss ich endlich mal lesen.
      Ich bin ein INFJ und wir werden häufig für Extros gehalten. Ich kann auch einen Extro gut imitieren, nur halt nicht lang, laugt extrem aus. Das Märchen mit dem Extro auf der Bühne kommt wohl daher, dass viele Leute Introversion mit Schüchternheit verwechseln. Ich hab kein Problem damit, vor einer größeren Gruppe Vorträge zu halten, wenn ich in einem Thema sattelfest bin. Ich bin ja nur Intro und nicht Schüchti. Aber es zieht mich nicht unbedingt ins Rampenlicht. Wenn, dann gehts meistens um eine Sache, die mir wichtig ist – undda will ich auch, dass man mir gefälligst zuhört. Aber nicht um der Aufmerksamkeit Willen. Es gibt aber auch Intros, die auf der Bühne so richtig abgehen.
      Der MBTI ist für mich als Laie eine spannende Sache – und wir INFJs fahren ja voll drauf ab (auch die INTJs, mich wundert der Kommentar oben so gar nicht :D), aber es ist ein System für gesunde Menschen, in der Psychiatrie und klinischen Psychologie wohl weniger zu gebrauchen. Ist teilweise auch umstritten, aber für mich ein Goldschatz.
      Ich hab erst durch den MBTI gelernt und verstanden, dass ich introvertiert bin. Davor hab ich versucht, ein extrovertiertes Leben zu führen bzw. geglaubt, mit mir wär was verkehrt. Ich glaub, es gibt viele Intros da draußen, die auch nix davon wissen. Kommt eben auch von den nervigen Vorurteilen und falschem Verständnis, was Introversion ist.

      • Leviakon 1. August 2015 / 22:36

        Jungs Buch heißt Typologie.
        Ich hatte es auch schon mal angefangen, aber man muss es an einem Stück lesen und dabei sehr aufmerksam sein. Parallel zu anderen Büchern lesen hat bei mir nicht funktioniert. Er schreibt manchmal auch sehr verwirrend. Oder anders gesagt: sehr komplex. Die richtigen Unterschiede sind mir entgangen.
        Ich werde auch ständig für extravertiert gehalten. Stimmt aber überhaupt nicht. 😀
        Jung hatte meines Wissens nach nur drei Einteilungen. Zum MBTI wurde dann noch J/P und -A/-T hinzugefügt.

      • tordis 2. August 2015 / 10:25

        A/T ist mir neu. Ist das wie das stabil/instabil von den big five (die ja auch nix anderes als der Mbti nur mit dieser zusatzkomponente ist)?

  2. kinesiana 28. Juli 2015 / 18:12

    Ich stimme auch zu, zumindest als ein wesentliches Kriterium. Vielleicht unterscheiden sie sich allerdings auch in Gesellschaft durch mehr Zurückhaltung von Extrovertierten bzw. eine längere „Warmlaufzeit“

  3. Torsten 28. Juli 2015 / 19:45

    Yepp, die Unterscheidung ist stimmig. Ansonsten: Eine Kollegin glaubte mir, Sozialarbeiter in der Sozialpsychiatrie tätig, nicht, dass ich introvertiert bin. Ist aber so. Nach der Arbeit bin ich dann eher „A-Sozial“, freue mich über meine Familie, Bücher, Natur… Und Twitter, Bloggen und ähnliches sind coole Tools für Intros, wenn man sich traut…

    • psychiatrietogo 29. Juli 2015 / 07:33

      Da kenne ich viele! Wenn man als eher Introvertierter den ganzen Tag im Psycho-Business mit Menschen spricht, will man abends zu seiner Partnerin oft nur noch „Hallo. Ich les´ dann mal ein Buch“ sagen. Sprechen ist nicht so oben auf der Wunsch-Liste. Kenn ich….:-)

      • schwesterirgendeine 31. Juli 2015 / 23:44

        Was der Partner/die Partnerin dann aber gar nicht so gut findet… Wenn ich dem Spätdienst nach Hause komme, dann hab ich auch keine lust mehr auf lange Gespräche. Leider ist das einer Partnerschaft nicht sehr zuträglich.

      • tordis 2. August 2015 / 10:35

        außer der Partner ist ähnlich introvertiert, dann kann man sich auch gemeinsam auf die Couch kuscheln, jeder mit einem buch und hat dann auch gemeinsame Quality Time 🙂

  4. schizoiert 28. Juli 2015 / 20:09

    Ich finde die Unterscheidung auch besser als die Geläufige.

  5. Peter Teuschel 28. Juli 2015 / 20:19

    Kann ich absolut nachvollziehen!

  6. Swantje Breiholz 28. Juli 2015 / 21:18

    Ich kann es gar nicht nachvollziehen. Bin nämlich extravertiert, aber regenerieren kann ich mich am besten alleine. Es gibt halt auch Sensibelchen unter den Extravertierten:).

  7. osterhasebiene langnase 29. Juli 2015 / 06:40

    Für mich trifft das auch zu. Andere Menschen find ich manchmal echt anstrengend. Stimmt.

  8. Ruth 29. Juli 2015 / 08:22

    Das mit der Erholung beschreibt den Unterschied zwischen den beiden Formen sehr gut.
    An Excel Listen zu arbeiten ist auch weit weniger anstrengend als irgendwo im Rampenlicht stehen zu müssen.

  9. Egotheist 29. Juli 2015 / 09:11

    Ist das nicht die allgemeine Unterscheidung dieser Persönlichkeitseigenschaften? Also ich fand sie schon immer zutreffend.

  10. xayriel 30. Juli 2015 / 17:25

    Ich finde die Unterscheidung insofern spannend, als dass ich mich bisher immer als Extravertiert betrachtet habe, aber die meiste Zeit alleine regeneriere.

  11. aponette 31. Juli 2015 / 14:00

    Genial! Ich bin durchaus nicht schüchtern und gehe gerne mit Leuten um – als Apothekerin ist das auch sehr nötig – aber nach acht bis neun Stunden Offizin möchte ich bitte gerne danke ALLEIN sein! Ich denke daß es auch unter den Extra- und Intravertierten unterschiedliche Ausprägungen gibt.

  12. Ovid 31. Juli 2015 / 17:28

    ich bin introvertiert, arbeite als Lehrerin gerne mit Gruppen von Jugendlichen – und ja, zum Entspannen brauche ich ein Buch, einen Kaffee und RUHE! Meine Kinder sind auch introvertiert – sie brauchen sehr viel Zeit für sich, eine Ganztagsschule wäre die Hölle für sie und wir haben uns daher bewußt dagegen entschieden.

  13. Joerg 6. August 2015 / 12:40

    ich mag es nicht ambivertiert da zu sein..

  14. Benedita 29. August 2015 / 18:02

    Hi,

    ich nehme an, Du hast das hier gelesen:

    https://www.psychologie-heute.de/archiv/detailansicht/news/das_coming_out_der_insichgekehrten/

    Nicht uninteressant und treffend ist meine Erachtens auch diese Hypothese:

    https://www.psychologie-heute.de/news/emotion-kognition/detailansicht/news/introvertierte_lieben_die_berge/

    Die Extravertierten lassen einen oft glauben, sie könnten jeden Berg erklimmen – reine Blender 😉
    Die Introvertieren tun es auch, selbst dann, wenn sie „nur“ geistige Gipfelstürmer sind.
    Das bedarf längerer Regenerationsphasen.

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