Nein, ich bin nicht „busy“

von NicP for Tauchreisen Nautilus One (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Wenn man im beruflichen Kontext jemanden fragt “Wie geht´s?”, antwortet er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: “Ach, schrecklich viel zu tun, aber sonst ganz gut!” Es gibt keine Alternative. Niemand sagt, dass er eben gerade genug zu tun hat, um alles entspannt hinzukriegen. Das sagt einfach keiner. Immer hat man gerade ganz viel um die Ohren und gar keine Zeit. Ich frage mich, wie man so irgend etwas vernünftig hinkriegen will. Man braucht doch Zeit, um Dinge ordentlich zu machen. Dieser gesellschaftliche Konsens, dass alle immer schrecklich “busy” (englisch für „geschäftig, beschäftigt“) sind, geht mir gehörig auf die Nerven.

Also, ich habe nicht zu viel zu tun. Ich kann meiner Arbeit ganz gut gerecht werden, ohne dass es zu viel ist. Ich kann mich in Ruhe auch den Dingen widmen, die etwas mehr Zeit brauchen. Ich bin nicht gestreßt und ich habe genug Zeit zur Regeneration.

So, dass mußte auch mal gesagt werden.

8 Gedanken zu “Nein, ich bin nicht „busy“

  1. Mylène Alt 9. April 2014 / 21:24

    Das war jetzt spannend zu lesen. Tatsächlich höre ich auch als Arbeitsplatzcoach ausschliesslich die von Ihnen genannte Aussage. Und es finden wohl auch diese Menschen den Weg zu mir! Zumindest die, die es nich als Image pflegen und ändern möchten.

    Aufgeräumte Grüsse
    aus der Schweiz
    Mylène Alt

  2. iuz 9. April 2014 / 22:53

    Nun ja, das liegt vermutlich daran, dass Sie eine hohe Position bekleiden. In niederen Positionen ist entweder ständige Langeweile oder totaler Stress Alltag. Und der totale stress liegt meistens an der Fehlplanung der Führungskräfte oder dem einsparen von Kosten auf dem Rücken der unteren Mitarbeiter. In welchem Meeting wird schon jemand mit einbezogen, der die Arbeiten tatsächlich verrichtet. Oft entscheiden Personen ohne Vorstellung und praktische Erfahrung in völlig unrealistischen Zeitplänen.

    Dass Führungskräfte und höhere Angestellte zufriedener im Job sind, ist ja nicht selten.

  3. iuz 9. April 2014 / 22:57

    Des weiteren kriegt man stets die unliebsamen aufgaben aufs Auge gedrückt, wenn man zugibt , noch einen Zentimeter Luft zu haben. Ein anderer teil der Mitarbeiter ist auch einfach faul und vermeidet jede Zusatz Aufgabe.

  4. Daniela 10. April 2014 / 00:29

    „Total busy“ zu sein suggeriert eben, „Leistungsträger“ zu sein (ähnlich wie unter einem „Burnout“ zu leiden, Depressionen haben doch nur „Schwächlinge“ – oder?).

  5. Peter Teuschel 10. April 2014 / 00:42

    Mensch, mit diesem Posting nimmst du dir doch jede Chance auf ein gepflegtes Burnout
    😉

    • Schatten 11. April 2014 / 23:56

      Um dann in der eigenen Klinik zu landen? 😉 Wobei die im Kölner Raum ja doch nicht die schlechteste Wahl ist…

  6. Charlotte 10. April 2014 / 08:41

    Genauso interessant wie den ersten Teil der Antwort (viel zu tun) finde ich den zweiten Teil (es geht mir gut). Denn die wenigsten kommen auf die Idee auf die Frage, wie es denn gehe, mit „schlecht“ oder „nicht so gut“ zu antworten. Sowohl beim ersten auch beim zweite Teil vermute ich den gleichen Grund dahinter: mit der Wahrheit können viele heutzutage gar nicht mehr richtig umgehen, bzw. es wollen sie viele gar nicht wissen. Wenn ich (ohne „ich-hab-so-viel-zu-tun-und-bin-so-wichtig-Geltungsdrang“) im Job zugebe, dass ich „Luft nach oben“ habe, dann werde ich möglicherweise als „faul“ oder „unsorgfältig arbeitend“ abgestempelt oder höre sonst irgendwelche doofen Kommentare, von denen ich nicht weiss, ob sie nun als Scherz oder nicht gedacht sind, oder aber es wird mir – je nach Position – mehr aufs Auge gedrückt, so dass es dann zu viel wird. So etwas habe ich schon oft beobachtet. Und wenn ich – im beruflichen Kontext – sage, dass es mir nicht so gut geht, dann ernte ich je nach Gegenüber von geflissentlichem Überhören zu „ach, das wird schon wieder“, bis hin zu „Deine Arbeit wird davon aber nicht beeinträchtigt, oder?“ so ziemlich alles. Ich kann also ganz gut verstehen, warum viele sich lieber hinter gesellschaftlich akzeptierten Floskeln verstecken, als zu sagen, was Sache ist.

  7. Benedita 29. August 2015 / 20:03

    Ich habe auch viel tun – ich tue es aber nicht immer.
    Mir geht es auch mal schlecht – und das sage ich jetzt immer.

    Seitdem ich nicht so viel tue, wenn es mir schlecht, geht es mir besser. Einfach mal ausprobieren, hilft unter Garantie 🙂

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