PsychCast 014 ist online!

Viel zu lang haben Alexander und Jan nicht mehr gepodcastet, dafür haben sie sich aber jetzt erstmalig im „real life“, kurz „RL“ getroffen und holen alles auf, was in den letzten Wochen besprochen gehört hätte. Hört das große Update zu: 

– DGPPN-Kongress 2015 
– Cannabis 
– Anti-Pepp-Demo 
– Stigmatisierung 
– Extremismus und Terrorismus: Krankheit oder Entscheidung
Hier findest Du die neue Folge: http://psychcast.de/pc014-update/

Für den Patienten gibt es keine Routineaufnahme ins Krankenhaus

Wenn man etwas immer und immer wieder macht, stellt sich mit der Zeit eine Routine ein, und das ist auch gut so. Es erhöht die Effizienz und Qualität der Abläufe, wenn sich bestimmte Dinge in gut durchdachten, erprobten und geprüften Abläufen wiederholen. Auch die Aufnahme eines Patienten im Krankenhaus ist im Prinzip etwas, was in einem Krankenhaus mehrere tausend mal pro Jahr stattfindet; es gibt Ablaufbeschreibungen, ein erprobtes gewöhnliches Vorgehen und Routinen auch bei der Aufnahme ins Krankenhaus.

Andererseits stellt die Aufnahme ins Krankenhaus praktisch in jedem Fall für den Patienten eine absolute Ausnahmesituation dar. Ihn trifft ein Unfall, eine akute Erkrankung, ein bedrohliches Symptom und reißt ihn komplett aus seinem Leben heraus. Nichts von dem, was sonst so wichtig scheint, spielt im Moment der Krankenhausaufnahme noch eine große Rolle. In diesem Moment weiß man, dass die Gesundheit das wichtigste und grundlegendste von allem ist.

Wenn ein Kranker sich ins Krankenhaus begibt, unabhängig davon, ob er dies im Rahmen eines Notfalles oder mit einem vorher vereinbarten Termin tun, dann ist er in aller Regel voll von Sorgen, Ängsten, Nöten, oft auch Schmerzen und Beschwerden. Es fühlt sich so an, als sei er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenhauses auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aber sagen wir besser: Er begibt sich in deren Hände.

Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses sich bei jedem einzelnen Menschen, der sich in ihre Hände begibt, klarmachen, dass dieser eine Mensch in einer für ihn extremen Ausnahmesituation ist, voller Angst, Ungewißheit und vielleicht Schmerzen und Nöten ist, dann können sie ihm eben genau so begegnen, wie man einem Menschen in Not begegnet: Sie können sich in Ruhe und ganz konzentriert auf ihn einlassen, ihm erklären, was los ist und was geschehen sollte, ihm von Mensch zu Mensch begegnen und ihm soweit das möglich ist seine Sorgen und Ängste nehmen. Und ihn dann ins Krankenhaus aufnehmen und die gemeinsam vereinbarte Therapie durchführen.

Dabei ist es natürlich erforderlich, intern gewisse Routinen zu verfolgen: Bei bestimmten Aufnahmeanlässen gibt es festgelegte Untersuchungen, die immer durchgeführt werden, es gibt Informationsflüsse, die regelmäßig eingehalten werden, und es gibt notwendige Handlungsschritte, die in bestimmten Situationen zuverlässig erfolgen müssen.

Aber eines gibt es nicht: Eine Routine für diesen einen aufgenommenen Menschen. Für ihn und für seine Angehörigen bleibt die Aufnahme ins Krankenhaus immer eine extreme Ausnahmesituation. Für ihn ist es keine Routine, aufgenommen zu werden.

Ich selbst war vor einigen Tagen in der Situation, einen geliebten Angehörigen notfallmäßig ins Krankenhaus aufnehmen lassen zu müssen. Die Mitarbeiter haben sich intern unzweifelhaft an eine gut erprobte Routine gehalten.

Aber gegenüber uns Angehörigen und gegenüber dem Patienten haben sie sich gerade nicht verhalten, als sei das alles Routine. Sie haben sich so verhalten, wie es sich für uns dargestellt hat: Als eine Ausnahmesituation, geprägt von Angst, Ungewissheit und Schmerz. Und darauf sind sie eingegangen. Sie wussten, haben uns gezeigt und zugelassen, dass es für uns keine Routine war.

Die Aufnahme ins Krankenhaus ist nur intern Routine, für den Patienten und seine Angehörigen ist und bleibt sie eine extreme Ausnahmesituation. Die Kunst ist, beides zugleich zuzulassen.

Die Behandlung unseres Angehörigen dauerte nicht lange, und sie ist inzwischen Gott sei Dank erfolgreich abgeschlossen. Für uns war es alles andere als Routine.

Von den Traumatisierten lernen: Der Westen braucht ein zweites Traumakonzept, um Flüchtlinge zu verstehen und ihnen zu helfen

Ich habe schon etwas länger überlegt, wie ich dieses Thema gut formulieren kann, aber eben gerade ist ein Zeit-Artikel veröffentlicht worden, der die Sache auf den Punkt bringt.
Die Autorin Annika Reich beschreibt in diesem Artikel sehr differenziert, warum der in der amerikanischen Gesellschaft geprägte Begriff der Posttraumatischen Belastungsstörung, der aktuell häufig im Zusammenhang mit Flüchtlingen aus Syrien und anderen Krisengebieten verwendet wird, nicht passend sein muss.

Der Begriff des Traumas und der Posttraumatischen Belastungsstörung wurde nach dem Vietnamkrieg für amerikanische Soldaten geprägt, die aus einer heilen Welt kamen, dann in eine traumatische Kriegssituation geschickt worden sind, und danach in eine heile und komplett sichere Welt zurückkehrten.

Dieses Konzept ist aber nicht unmodifiziert übertragbar auf viele der Flüchtlinge, Vertriebene und Menschen, die fortgesetzt Gefahren und Verfolgungen ausgesetzt sind.

Die Ausgangssituation ist eine komplett andere für einen Menschen, der noch kein bestätigtes Aufenthaltsrecht, keinen dauerhaften Wohnraum, keine Aussicht auf Arbeit und Lebensunterhalt hat. Und noch einmal ganz anders für Menschen, die damit rechnen müssen, dass ihre körperliche und psychische Unversehrtheit auch in Zukunft noch gefährdet sein wird.

Daher sind auch die Behandlungskonzepte, die für die amerikanischen Soldaten entwickelt worden sind und hier auch wirksam waren, nicht 1:1 übertragbar. Die Psychotherapiemethode der Imagination eines Sicheren Ortes mit dem Ziel der Distanzierung von traumatisierenden Erlebnissen ist für einen Menschen ohne geklärtes Aufenthaltsrecht kaum hilfreich.

Auch haben andere Kulturen oft ein anderes Verständnis von Trauma. Annika Reich beschreibt, dass in der afrikanischen Kultur traumatisierte Frauen weniger als Opfer und mehr als Überlebende konzeptualisiert werden, was eine andere Qualität heilsamer Ressourcen in den Vordergrund rückt. Auch spielt es in anderen Kulturen eine größere Rolle, Teil einer funktionierenden und schützenden Gemeinschaft zu sein, als dies im Westen der Fall ist.

Der Artikel ist mehr als lesenswert, ihr findet ihn hier.

Auch Menschen, die von den Terroranschlägen in Paris traumatisiert worden sind, sind in einer anderen Lage, als die amerikanischen Soldaten nach dem Vietnam-Krieg. Sie sind in einer Hinsicht in einer schlechteren Lage. Denn ihr Sicherheitsgefühl ist ja zu Recht erschüttert. Es kann tatsächlich niemand garantieren, dass der nächste Anschlag nicht schon geplant ist und kommen wird.

Das heißt natürlich nicht, dass man für Flüchtlinge, Verfolgte oder jetzt in Paris, Frankreich und der gesamten westlichen Welt erschütterte Menschen keine wirksame Psychotherapie anbieten kann.

Aber man muss anerkennen, dass die bisherigen Modelle nicht unverändert passen und nicht einfach übertragen werden können. Dies könnte in manchen Fällen sogar schaden. Statt dessen ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Ressourcen dem jeweils Betroffenen Menschen wirklich helfen können.

Ich denke, dass wir Menschen aus der ersten Welt von Menschen aus der dritten Welt werden lernen können und lernen müssen, ein gewisses Gefühl der Unsicherheit zu akzeptieren und damit umzugehen. Und wir tun gut daran, neu zu überdenken, welche Behandlung zu welcher Zeit einem traumatisierten Menschen wirklich helfen kann.

Also: Lernen wir von den Traumatisierten Flüchtlingen, welcher Umgang ihnen hilft, sich wieder zu stabiliseren. Lernen wir von feministischen Aktivistinnen, die Qualität der Überlebenden hervorzuheben. Lernen wir von Afrikanerinnen und Afrikanern, den Wert einer Gemeinschaft, die zusammen hält, zu schätzen.

Wenn wir das von den Betroffenen gelernt haben, und wenn wir den Traumatisierten durch vernünftige Politik sichere Rahmenbedingungen geschaffen haben, dann können wir anfangen, mit einer neuen Psychotherapie zu helfen.

Datenschutz die Zweite…

OOPS,

ich wollte die Datenschutzerklärung nur als neue Seite auf Psychiatrietogo einbinden, nicht als post. Das habe ich inzwischen auch gemacht, hier aber noch mal als post etwas, was ich neu dazugelernt habe:

Wusstet Ihr, dass allein die Tatsache, dass ein Facebook „Like“-Knopf auf einer Seite angezeigt wird (wie bei jedem meiner blogposts und ungefähr bei 95 % aller blogposts in diesem Universum) Facebook schon ermöglicht, zu tracken, dass ihr auf der Seite wart, und zwar ohne dass ihr den „like“ Knopf wirklich betätigt? Und wenn ihr in einem anderen Tab des Browsers Facebook geöffnet habt und dort eingeloggt seid, und dann eine Seite aufruft, die den „Like“-button enthält, ohne dass ihr ihn drückt, dann ordnet Facebook diesen Seitenbesuch eurem Profil zu und personalisiert die bei euch angezeigte Werbung entsprechend. Kann man in den Facebook Privatsphäre-Optionen ausschalten, sei aber normalerweise eingeschaltet.

Etwas gruselig, wie ich meine.

Insofern ist es ganz gut, dass ich meine Seiten Impressum und Datenschutzerklärung nach kostenlosen Vorlagen von e-recht24.de angepasst habe.

Der Ahnen-Faktor

Peter Teuschel hat ein neues Buch geschrieben: Der Ahnen-Faktor. Im Video oben erklärt er selbst, was ihr von dem Buch erwarten dürft.

In der Psychotherapie spielen Ahnen immer wieder eine große Rolle, oft als Quelle negativer Gedanken, negativer Selbstzuschreibungen oder als Quelle von nur mühsam zu überschreitender einschneidender Erfahrungen.

Dabei können die Ahnen auch Quelle und Traditionsgeber für Stärken und Resilienz sein.

Wie ist euer Verhältnis zu euren Vorfahren? Spielen Sie eine Rolle für euer jetziges Leben? Eher positiv? Eher negativ?

Bei Amazon findet ihr das Buch hier.