Diazepam Kumulation

Sie behandeln einen Patienten mit einer Tablette Diazepam 10 mg pro Tag. Wie kommt es eigentlich, dass dieser Patient nach einer Behandlungsdauer von ungefähr fünf Tagen immer scheinbar plötzlich so müde wird? Die Antwort ist natürlich ganz einfach: Diazepam kumuliert aufgrund der langen Halbwertszeit von etwa 50 Stunden mit jeder Gabe immer mehr. (Hier finden Sie eine Liste mit den Halbwertszeiten gängiger Benzodiazepine.)
Gehen wir das mal in einem einfachen Gedankenexperiment durch:
Sie geben ihrem Patienten am Montag morgen 10 mg Diazepam. Dies kommt ins Blut. Die Halbwertszeit beträgt vereinfacht gesagt etwa 48 Stunden, also zwei Tage. Das bedeutet, dass von der Montagsgabe nach zwei Tagen, also am Mittwoch Morgen, noch 5 mg im Blut sind. Und davon sind zwei Tage später, also am Freitag, immer noch die Hälfte, also 2,5 mg im Blut.
Das ist das Schicksal der Montagsgabe. Aber sie geben ja Dienstag, Mittwoch und Donnerstag auch wieder Diazepam. Ich habe ihnen in der folgenden Tabelle mal aufgeschrieben, was aus den Gaben des jeweiligen Tages so wird und wie die kumulierte Dosis sich aus der Summe der einzelnen Teile ergibt:
Die Tabelle ist so zu lesen: In der ersten Zeile steht, was mit der Diazepam-Dosis von Montag passiert und wieviel davon ungefähr an jedem weiteren Tag noch im Blut ist. Im ersten Feld der ersten Zeile stehen die 10 mg, die als Tablette am Montag gegeben werden. Im zweiten Feld stehen 7,5 mg, das ist die Menge Diazepam, die von der Montagsgabe am Dienstag noch übrig ist. Am Mittwoch sind von der Montagsgabe eben noch 5 mg übrig, da die Halbwertszeit von Diazepam eben zwei Tage beträgt und die Hälfte von 10 mg 5 mg sind.
In der zweiten Zeile, der Dienstagszeile, steht in der ersten Spalte (Montag) 0 mg, da die Dienstagstablette montags ja noch nicht gegeben wurde. In zweiten Feld der Dienstagszeile stehen 10 mg, das ist die Gabe von 10 mg Diazepam am Dienstag morgen. Jedes weitere Feld zeigt das Schicksal der Dienstagsdosis an.
Und so fort für jeden Tag bis Sonntag.
Die letzte Zeile zeigt dann die jeweilige Diazepam Gesamtsumme für diesen Tag an.
Montags ist das leicht zu berechnen: 10 mg.
Am Dienstag sind es dann die 7,5 mg, die noch vom Montag übrig sind plus die 10 mg, die mit der Dienstagsgabe dazu kommen, also 7,5+10=17,5 mg. Und so fort.

Wochentag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag
Montag 10 mg 7,5 mg 5 mg 3,5 mg 2,5 mg 1,8 mg
Dienstag 0 mg 10 mg 7,5 mg 5 mg 3,5 mg 2,5 mg
Mittwoch 0 mg 0mg 10 mg 7,5 mg 5 mg 3,5 mg
Donnerstag 0 mg 0 mg 0 mg 10 mg 7,5 mg 5 mg
Freitag 0 mg 0 mg 0 mg 0 mg 10 mg 7,5 mg
Samstag 0 mg 0 mg 0 mg 0 mg 0 mg 10 mg
Summe 10 mg 17,5 mg 22,5 26 mg 28,5 30,3

So, und mit einer kumulativen Dosis von 28,5 mg im Blut sind die Patienten dann natürlich plötzlich sehr müde. Die kumulative Dosis steigt dann am Samstag nicht mehr so stark an, weil dann die Gaben vom Anfang der Woche langsam wirklich abgebaut sind. Der steady state wird nach etwa 5 Halbwertszeiten oder im Falle des Diazepams nach etwa 10 Tagen erreicht.

14 Gedanken zu “Diazepam Kumulation

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  2. Seelenklempner 8. September 2014 / 08:22

    Prima Beitrag! Ich muss mich gelegentlich auch zügeln und mir der Phamakokinetik von Diazepam wieder klar werden. Wenn es Diazepam nicht als Lösung gebe, würde ich ausschließlich Oxazepam und Lorazepam einsetzen.

  3. Oliver S. 19. November 2014 / 21:10

    Ich hab das ganze nochmal grafisch aufbereitet. Auf der X-Achse sind die Stunden und immer wenn der Graph einen Zacken nach oben geht wird eine neue Tagesdosis eingenommen. Der Graph bildet Diazepam ab und man sieht, dass die Schwankung erst ab dem neunten Tag konstan bleiben:

    • psychiatrietogo 20. November 2014 / 09:27

      Wow! Cool! Sag mal, dürfte ich Dich um einen Gefallen bitten? Könntest Du den gleichen Grafen, gleich skaliert noch mal für Lorazepam machen? Das fände ich super interessant.
      Beste Grüße, Dein Psychiatrie to go

      • Oliver S. 20. November 2014 / 15:55

        1mg Lorazepam alle 12h:

        1mg Lorazepam alle 8h:

        Hab einfach die durchschnittliche Halbwerszeit von 14,5h genommen (11-18h).

      • Oliver S. 20. November 2014 / 21:24

        1mg Lorazepam zweimal am Tag:

        1mg Lorazepam dreimal am Tag:

        Die Skala müsste eigentlich noch etwas in die vertikale multipliziert werden da Lorazepam nur eine Bioverfügbarkeit von 93% hat (Diazepam 100% – da passt’s oben).

  4. Oliver S. 23. November 2014 / 15:00

    1 mg Lorazepam alle 12h genommen:

    1mg Lorazepam alle 8h genommen:

  5. V. 25. Januar 2015 / 01:40

    Nützlich, Danke.
    Auch für die Skalen von Oliver S., so behält man es noch besser im Kopf.

  6. Zaruba 11. Januar 2016 / 12:57

    Ich nehme auch 10 mg Gewacalm (5mg Abends und 5mg in der Frueh) und nunn verspuere ich duetlich die Kumulation.Ich versuche dzt.das Mittel nach Ashton-Tabelle auszuschleichen,ich moechte gerne wissen,wie ich der Kumulation entgegenwirken kann,den der morgen ist grauenhaft.Danke voraus fuer die Anrwort.Zaruba Ulrich

  7. Klaus Fischer 16. Juli 2017 / 20:16

    Wie lange würde es dauern, bis das Diazepam vollständig aus dem Körper raus ist, ach dem steady state, wenn man aufhört? Danke für die schnelle Beantwortung. Klaus.

  8. Dirk schepers 26. Dezember 2017 / 13:55

    Ich Konsumihre DIAZEPAM FAST regelmäßig und nach etwa 6 -8 Wochen braucht es bei mir, bis es im Urin nicht mehr nachweisbar ist. Das abberufen hängt vom Stoffwechsel bei jedem anderen ab. Dabei nehme ich so 40mg DIAZEPAM täglich. Es gibt also keine konkreten 100%irgen Richtwert, der auf jeden gleich zutrifft !

    • Oliver S. 26. Dezember 2017 / 15:13

      Es gibt tatsächlich Unterschiede im Abbau von Diazepam, aber die sind nicht groß. Diazepam hat eine Halbwertszeit von 48 bis 60 Stunden. Das mit den sechs bis acht Wochen kann also nicht sein.

      • Chris petz 9. Februar 2020 / 08:51

        Doch kann es wie bei mir auch bsp man ist in 3 tagen 50 dias a 10 mg bon ich auch teilweise länger wie acht Wochen POS beib extrm. Tolleranz

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