post #100

Das hier ist mein 100. post! Wenn das kein Grund zum Feiern ist!
100 mal Spaß gehabt, oft selbst was gelernt, weit mehr als 150 Kommentare, Anregungen und sehr viele persönliche Worte. Mehr als 30.000 hits, die meisten über google Suchbegriffe zu psychiatrischen Themen. Vielen Dank!
Und die nächsten 100 posts: Sollen sie eher kürzer sein? Weiterhin ausführlich? Andere Themen? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

Dropbox

Gibt es eigentlich da draußen noch irgend jemanden, der Dropbox nicht nutzt?

Dropbox ist super praktisch. Man installiert es auf allen seinen Computern und Gadgets (Mac, Windows Rechner, iPad), und es richtet einen Ordner ein, der Dropbox heißt und in der Ordnerhierarchie unter den eigenen Dokumenten erscheint. Der Inhalt dieses Ordners ist auch ganz normal offline zu verwalten und wird auch offline gespeichert. Aber sobald eine Internetverbindung besteht, synchronisiert er den Inhalt mit den 2GB kostenlosem Speicher in der Dropbox-Wolke, und von da aus werden die neuen Inhalte auf alle anderen Gadgets gesynct. Natürlich kann man seine Dateien auch über jeden Webbrowser ansehen. Funktioniert bei mir nun schon seit über einem Jahr auf allen möglichen Betriebssystemen völlig problemlos, ich habe jetzt alle meine Daten in meinen Dropbox Ordner geladen, so habe ich immer alle Dateien aktuell. USB Sticks brauche ich nicht mehr.

Registriere dich über diesen Link, um zusätzlich zu den 2 GB noch weitere 500 MB Bonus-Speicherplatz zu erhalten: https://www.dropbox.com/referrals/NTc4NjExMjI5

 

Das Metabolische Syndrom: Bauchumfang und Neuroleptika

Schwangere dürfen schon mal einen größeren Bauchumfang haben. Bei nichtschwangeren Frauen und bei Männern, die einen Bauchumfang von mehr als 94 cm haben, müsste man an das Metabolische Syndrom denken. Es entwickelt sich oft in Folge eines ungesunden Lebensstils (wenig Bewegung, zu viel Essen). Für die Psychiatrie spielt es eine besonders große Rolle, da es durch Neuroleptika ausgelöst oder verstärkt werden kann.
Das metabolische Syndrom (manchmal auch als tödliches Quartett bezeichnet) wird heute als der entscheidende Risikofaktor für koronare Herzkrankheiten angesehen. Es ist charakterisiert durch diese vier Faktoren:

  • abdominelle Fettleibigkeit
  • Bluthochdruck
  • veränderte Blutfettwerte und
  • Insulinresistenz.

Bauchumfang als Leitkriterium
Eine große Rolle für die Definition des metabolischen Syndroms spielt der erhöhte Bauchumfang. Denn für das kardiovaskuläre Risiko ist bei Vorliegen eines Übergewichts das Fettverteilungsmuster von Bedeutung: Besonders nachteilig wirken sich hier Fettdepots im Bauchraum und an den inneren Organen aus. Dieses innere Bauchfett ist sehr stoffwechselaktiv. Es beeinflusst den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, so dass Fettstoffwechselstörungen und Diabetes die Folge sein können.
Voraussetzung für das Vorhandensein des metabolischen Syndroms ist das Vorliegen einer bauchbetonten (sogenannten zentralen) Adipositas: Bei Männern Bauchumfang ≥ 94 cm, bei Frauen ≥ 80 cm (Menschen europäischer Herkunft, für Asiaten gelten andere Werte).
Kommen zu diesem Leitfaktor noch mindestens zwei der Risikofaktoren

  • Nüchternblutzuckerwerte von > 100 mg/dl oder diagnostizierter Diabetes mellitus,
  • erhöhte Triglyceride > 150 mg/dl oder bereits eingeleitete Therapie zur Senkung der Triglyzeride,
  • niedriges HDL-Cholesterin: < 40 mg/dl bei Männern und < 50 mg/dl bei Frauen oder bereits eingeleitete Therapie zur Erhöhung des HDL
  • Bluthochdruck (ab > 130 mmHg systolisch und > 85 mmHg diastolisch) oder bereits behandelte Hypertonie

hinzu, besteht eine deutlich höhere Gefahr, im Laufe des Lebens eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden.
Einige Neuroleptika können bei einem Teil der Patienten eine deutliche Gewichtssteigerung verursachen. Besonders ausgeprägt ist dies bei Clozapin (Leponex), das manchmal Gewichtssteigerungen von bis zu 25 Kilogramm verursachen kann. Aber auch Olanzapin (Zyprexa) und seltener auch anderen Atypika können bei etwa einem Fünftel bis einem Zehntel der Patienten eine Gewichtszunahme von mehreren Kilogramm verursachen. Auch Antidepressiva wie Mirtazapin oder die Gruppe der trizyklischen Antidepressiva können eine Gewichtszunahme verursachen. Diese liegt meist in der Größenordnung von 3-5 Kilogramm, kann aber im Einzelfall auch ausgeprägter sein. Entweder in Folge der Gewichtszunahme oder als direkte Folge der Medikation kann es auch zur Entwicklung der anderen Risikofaktoren kommen: Entwicklung eines Diabetes, Erhöhung der Blutfette, Entwicklung einer arteriellen Hypertonie.
Über die Gefahr des Auftretens oder der Verstärkung eines metabolischen Syndromes sollte man die Patienten vor Verordnung dieser Substanzen aufklären.
Treten diese Veränderungen unter neuroleptischer Medikation auf, sollte man unbedingt einen Wechsel des Präparates versuchen. Für Clozapin gilt, dass dies aufgrund seiner Nebenwirkungen (Gefahr einer Agranulozytose, Gewichtszunahme, Speichelfluß, Müdigkeit) trotz seiner besondres guten Wirksamkeit erst dann eingesetzt wird, wenn alle anderen Neuroleptika keine ausreichende Wirkung gezeigt haben. So kann man für viele Patienten diese Nebenwirkung vermeiden.
Bei Olanzapin und den anderen Atypika hat es sich bewährt, bei einer Gewichtszunahme von mehr als 3 Kilogramm in den ersten sechs Wochen nach Beginn der Behandlung einen Wechsel des Präparates vorzuschlagen. Darüber hinaus sollte man einen gesunden Lebensstil besprechen, also insbesondere genügend körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und die Beibehaltung eines normalen Gewichtes; zunächst steht also in der Regel eine Diät an. Liegt ein Diabetes mellitus vor, sollte er bei nicht ausreichender Wirkung der Ernährungs- und Bewegungstherapie medikamentös behandelt werden. Gleiches gilt für die Einstellung des Bluthochdrucks.

In der ICD-10 kann man das metabolische Syndrom nur hilfsweise mit dem Code E.88.9 „Stoffwechselstörung, nicht näher bezeichnet“ kodieren.

Geld macht allein

Geld allein macht nicht glücklich. Das ist nicht neu. Aber es macht einsam. Eine sehr spannenden Studie aus Science 2006 untermauert dies. In  „The Psychological Consequences of Money“ von Kathleen D. Vohs et al. berichten die Autoren über 9 Experimente, in denen sie einmal einen mit Geld assoziierten Schlüsselreiz und einmal einen neutralen Schlüsselreiz gesetzt haben. So mussten die Teilnehmer des Experimentes beispielsweise am Monitor einen Fragebogen ausfüllen. Nach kurzer Zeit kam ein Bildschirmschoner, der bei der einen Hälfte der Versuchspersonen Geldscheine zeigte, bei der anderen Hälfte erschienen Fische. Das reichte bereits aus, um das Verhalten der Versuchspersonen danach deutlich zu ändern: Kurz nach Erscheinen des jeweiligen Bildschirmschoners wurden die Versuchspersonen aufgefordert, einen zweiten Stuhl neben den eigenen Stuhl zu rücken, es käme noch eine zweite Versuchsperson dazu. Die Testteilnehmer, die die Geldscheine gesehen haben, rückten den Stuhl fast einen halben Meter weiter vom eigenen Stuhl entfernt an den Tisch als die Teilnehmer, die die Fische gesehen haben!
In einem zweiten Experiment spielten die Experimentatoren mit den Versuchspersonen Monopoly. Einer Gruppe gaben sie 4000 $ Spielgeld, einer Gruppe 200 $ Spielgeld und einer dritten Gruppe gar kein Spielgeld. Danach wurden sie einzeln unter einem Vorwand auf den Flur gebeten. Dort ließ eine Experimentatorin eine Handvoll Bleistifte fallen. Je mehr Spielgeld die Versuchspersonen zuvor gehabt hatten, desto weniger Bleistifte hoben sie für die Experimentatorin auf.
Eine Vielzahl von ähnlichen Experimenten unterstützen sehr stark das Erklärungsmodell, dass die Präsenz von Geld die Menschen dazu verändert, mehr auf sich selbst zu setzen statt auf Hilfe und Hilfsbereitschaft. Sie versuchen eher, sich autonom zu verhalten, Dinge auf eigene Faust zu machen. Die gefühlte und in Experimenten auch immer wieder messbar gemachte Distanz zu anderen Menschen steigt deutlich, soziale Interaktionen sinken deutlich. Geld macht also autonomer, aber auch einsamer.
In einer modernen Dienstleistungsgesellschaft setzen reiche Menschen ohnehin mehr auf Umzugsunternehmen statt auf Nachbarn und Freunde, auf Abendessen im Restaurant statt auf große Nudeltöpfe mit vielen Freunden, auf Babysitter statt auf befreundete Eltern. Das soziale Netz wird dadurch dünner.
Der zusätzliche Reichtum der reicheren Industrienationen macht ihre Völker nicht glücklicher als die Menschen ärmerer Völker. Dieser als Easterlin-Paradox bekannte Zusammenhang könnte sich dadurch erklären, dass die Abnahme der Intensität sozialer Beziehungen den Menschen mehr verängstigt, psychisch labiler und einfach weniger glücklich macht, als das zusätzliche Geld an Glück irgendwie aufwiegen kann.
Ein Buch zum Thema: 
http://www.amazon.de/wei%C3%9F-nicht-wollen-soll-ebook/

Am 13.06.2012 kommt Prof. Berger ins Alexianer Krankenhaus Köln

Im Rahmen des Alexianer Therapieforums hält Prof. Berger, Freiburg, einen Vortrag zum Thema: “ Was wirkt in der Psychotherapie”. Auf das ausgezeichnete Psychiatrie Lehrbuch von Berger hatte ich hier schon hingewiesen. Im Vortrag wird er sicherlich die Methodik und vieles zum aktuellen Stand der Psychotherapieforschung berichten. Der Vortrag findet am 13.06.2012 von 14:00-16:00 statt und ist kostenlos.

Zusätzlich bietet er einen workshop an, und zwar am 14.06.2012 von 09:00 bis 13:00 Uhr. Das Thema des workshops wird noch bekannt gegeben. Er ist kostenpflichtig. Anmeldungen sind hier möglich.

Was ist eigentlich CBASP?

Bookcover
Manualisierte Psychotherapien sind in der modernen Psychotherapieforschung sehr beliebt. Das liegt zum einen daran, dass man sie besser erlernen kann und zum anderen daran, dass man sie besser erforschen kann. Sehr häufig diskutiert und auch klinisch inzwischen zunehmend häufig angewendet wird bei der Therapie chronischer Depressionen in letzter Zeit ein Verfahren, dass der US-amerikanische Psychologe James P. McCullough 2000 erstmalig vorgestellt hat.

CBASP kürzt dabei Cognitive Behavioral Analysis System OPsychotherapy ab. Die website dazu findet ihr unter www.cbasp.org.

Es ist das bislang einzige psychotherapeutische Verfahren, das speziell für chronisch depressive Patienten entwickelt wurde. Es umfasst behaviorale, kognitive, interpersonelle und psychodynamische Strategien. 

Das zugrunde liegende Modell postuliert, dass chronisch depressive Patienten schon sehr frühzeitig dysfunktionale Prägungen internalisiert haben, und nun die Welt durch diese verzerrte Brille sehen. Das verhindert, dass sie erkennen, dass neue Erfahrungen eigentlich nicht mehr so schlecht sind wie die alten, dysfunktionalen. Chronisch depressive Patienten seien nun in besonderem Maße nicht in der Lage, sich diesbezüglich umzustellen. Der Therapieerfolg hängt dann in besonderem Maße damit zusammen, dass der Therapeut vermitteln kann, dass die früheren dysfunktionalen Prägungen zwar die Sicht auf heute Erlebtes beeinflussen, dass diese Sicht der Dinge aber eben nicht mehr in vollem Umfang angemessen ist, sondern dass aktuelle Bezugspersonen, etwa der Therapeut, anders handeln als frühere prägende Bezugspersonen.

Das Vorgehen bei der CBASP Therapie erfolgt in der Regel nach folgenden Abschnitten:

– Zunächst werden frühere prägende Bezugspersonen identifiziert (es wird eine Liste von bis zu 6 Personen erstellt). 

Z.B. „In meiner Kindheit spielten Mutter, Vater, Oma und Tante Luise eine wichtige Rolle für mich“

– Dann werden die wesentlichen Prägungen durch diese Personen besprochen.

Z.B.: „Meine Mutter vermittelte mir immer, ich sei nicht wichtig, meine Probleme seien irrelevant. Sie schickte mich immer weg, wenn ich sie wirklich brauchte und sagte mir, sie habe Wichtigeres zu tun.“

– Es werden dann vorausschauend und offen besprochen Übertragungshypothesen formuliert, also die Frage besprochen, welche Erwartungen beziehungsweise Befürchtungen aufgrund der zuvor festgestellten Muster der Patient auch an den Therapeuten haben könnte und welche Auswirkungen das haben könnte.

Z.B.: „Für Sie bin ich doch auch nicht wichtig. Wenn ich wirklich ein Problem habe, helfen Sie mir bestimmt nicht, Sie haben sicher immer etwas viel Wichtigeres zu tun, als mir zu helfen, wenn ich Sie brauche.“

– Dann wird ein interpersonelles Element, der „Kiesler Kreis“ eingeführt. Im Kiesler Kreis wird das zwischenmenschliche Verhalten auf den Achsen Dominant vs. Submissiv und Feindlich vs. Freundlich beschrieben. Dadurch lernt der Patient, seine Wirkung auf Andere besser einzuschätzen und neue Verhaltensweisen zu durchdenken.

Z.B.: „Wenn ich Ihnen sage, dass ich Ihnen sicher nicht wichtig bin, könnten Sie das als Feindlich und Submissiv wahrnehmen. Sie könnten dann ebenfalls auf Distanz gehen und vielleicht sehr Dominant und vielleicht entwertend auf mich reagieren. Würde ich diese Erwartungen Ihnen gegenüber nicht haben, wären auch Sie vielleicht eher freundlich und weniger dominant…“

Im nächsten Schritt geht es dann darum, aktuell schwierige Situationen im Rahmen einer Situationsanalyse zu beschreiben. Wenn die Situation in der Therapie auftritt, kann durch disziplinierte persönliche Einlassung mit anschließender Interpersoneller Diskriminationsübung eine neue Erfahrung gemacht werden.

Z.B. (Therapeut): „Sie haben mir berichtet, dass es Ihnen letzte Woche nach einem Streit mit Ihrem Freund sehr schlecht ging. Und ich war nicht da, sondern auf einem Kongress, das hatte ich Ihnen letze Woche gesagt. Dann haben Sie gedacht, Sie wären mir nicht wichtig, ich sei immer mit etwas anderem beschäftigt, wenn Sie mich bräuchten. Tatsächlich sind sie mir sehr wichtig. Ich hätte mich gefreut, wenn sie mir eine email geschickt hätten. Ich hätte ihnen sicher geantwortet. Lassen Sie uns den Streit mit Ihrem Freund heute besprechen, das ist mir sehr wichtig.“

Der Patient lernt dadurch, dass heutige Personen sich nicht so verhalten müssen, wie er es früher immer erlebt hat, und dass sein Verhalten wichtig ist, um heutigen Mitmenschen überhaupt zu ermöglichen, sich anders zu verhalten.

In der Psychotherapieforschung zeigte sich, dass chronisch depressive Patienten sehr gut auf diese Therapie ansprechen, im Verlauf der Therapie sehr an psychosozialer Leistungsfähigkeit gewinnen und dass CBASP anderen Therapieverfahren, die nicht auf chronische Depressionen ausgerichtet sind, wie IPT, bei dieser Patientengruppe überlegen ist.