PC124 Klinisch Pharmakologische Visite ist online

Im 124. PsychCast haben wir unsere Hausapothekerin Verena Lucas zu Gast. Wir sprechen über das Konzept der gemeinsamen klinischen Visite, über häufige Probleme, die hier immer wieder auffallen und gute Lösungen.

00:00 Einleitung

09:56 Internistika

13:25 Übelkeit

18:44 Rauchen

23:03 Niereninsuffizienz

26:36 Pharmakogenetik

28:34 Carbamazepin

31:40 Polypharmazie

39:07 Vor oder nach dem Essen?

Die fünfte Auflage von Psychopharmakotherapie griffbereit ist erschienen!

Die fünfte Auflage von Psychopharmakotherapie griffbereit ist erschienen! WOW!

Das Buch ist ja schon seit der ersten Auflage ein Geschwisterkind dieses Blogs, denn praktisch alle Texte, die ich ins Buch aufgenommen habe, habe ich zuerst hier zur Diskussion gestellt. Und ich möchte mich auch heute noch einmal sehr sehr herzlich bei allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern für den intensiven Austausch zu jedem einzelnen Kapitel bedanken. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Charakter dieses Buches von den Diskussionen hier ganz wesentlich geprägt ist und das es erst dadurch so praxisnah, relevant und aktuell ist…

Worum geht es in dem Buch?

Was können eigentlich Psychopharmaka? Welche sollte ich kennen? Was muss ich wirklich über welches Medikament wissen? Wie funktioniert eine Behandlung mit diesen Medikamenten, was muss ich beachten? 

Diese Fragen wirklich verständlich zu beantworten ist der Leitgedanke meines Buches Psychopharmakotherapie griffbereit. Es richtet sich sowohl an Profis wie Fachärzt:innen und Weiterbildungsassistent:innen für Psychiatrie und Psychotherapie, an Notfallmediziner, Allgemeinärzte und andere im psychiatrischen Bereich Tätige, als auch an Betroffene und deren Angehörige. Ich verzichte in meinem Buch so weit wie möglich auf Fachchinesisch und erkläre die Dinge mit einfachen, klaren Worten so, wie sie sind. Wer das Buch liest, erhält einen guten Überblick über das Gebiet der Psychopharmakologie und sollte sich in jedem psychiatrischen Medikamentenschrank gut zurecht finden.

Was gibt es in der fünften Auflage Neues?

Diese Neuauflage ist sorgfältig überarbeitet und durch die sehr kompetente Fachapothekerin Frau Lucas geprüft. So können wir noch sicherer sein, dass alle Angaben, Dosierungen und Hinweise richtig und aktuell sind. (Natürlich gilt auch hier, wie bei allen Fachbüchern, dass Fehler nie ganz auszuschließen sind und die letzte Verantwortung bei der verschreibenden Ärzt:in liegt…)

Ganz neu ist ein ausführliches Kapitel über Schmerztherapie und Schmerzmedikamente. In diesem Kapitel erkläre ich den Einsatz von Nicht-medikamentösen Elementen der Schmerzbehandlung, unterstützenden Medikamenten, Nicht-Opioiden und Opioiden. Auch erkläre ich den Unterschied der Behandlung von akuten Schmerzzuständen und chronischen Schmerzzuständen.

Als Thieme-Fachbuch ist kann der Inhalt des Buches ohne weitere Kosten zusätzlich auch digital in der Wissensplattform eRef gelesen werden, der Zugangscode befindet sich im Buch.

Bei Thieme findet ihr das gedruckte Buch hier, als EPUB oder PDF zum Download hier; bei Amazon findet ihr das Buch hier.

Moderne Behandlung des Delirs: Ein how-to-Video für Praktiker

Im Delir gebe ich doch immer Haldol und Diazepam, oder? Warum das fast immer falsch ist, und wie ich es nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft richtig machen kann, erkläre ich euch in diesem Video.

Es gibt was zu feiern: Die dritte Auflage von Psychopharmakotherapie griffbereit ist erschienen!

Psychopharmakotherapie griffbereit Dreher Cover

In der Psychopharmakotherapie tut sich jedes Jahr so viel, dass man nur mit einem aktuellen Buch wirklich up-to-date sein kann. Heute ist mein Buch Psychopharmakotherapie griffbereit in der dritten Auflage erschienen. Und die enthält jede Menge Neuerungen, Aktualisierungen und Überarbeitungen. Unter anderem neu sind Kapitel zu:

  • Sertralin
  • Milnacipran
  • Trimipramin
  • Spice
  • Medikamentenwechselwirkungen
  • Psychopharmaka und Schwangerschaft
  • Sinnvollen Kontrolluntersuchungen.

Alle Kapitel sind aktualisiert worden. Das Kapitel zu Vortioxetin (Brintellix®) wurde gestrichen, da es auf dem deutschen Markt nicht mehr verfügbar ist.

Das Buch bleibt seiner ursprünglichen Idee treu, insbesondere Neueinsteigern in die Psychopharmakotherapie einen Überblick und eine gute Orientierung zu geben. Es ist aber auch zum Nachschlagen der häufig verwendeten Medikamente geeignet.

In jedem Kapitel werden zunächst die grundlegenden Therapieprinzipien dargestellt, dann werden ausgewählte Medikamente im einzelnen dargestellt. Bei jedem Medikament erkläre ich etwas zur Pharmakologie, zum klinischen Einsatz, zu unerwünschten Wirkungen, erkläre die Dosierung und die praktische Anwendung. Schließlich gebe ich zu jedem Medikament mein persönliches Fazit, dass dem Leser hilft, sich ein Bild vom beschriebenen Medikament zu machen.

Bei Amazon könnt ihr das Buch hier bestellen, bei Schattauer direkt hier.

(Heute ist die Kindle-Version noch nicht erhältlich; der Button verlinkt auf die Kindle-Version der zweiten Auflage, aber die dritte Auflage wird auch als e-Book kommen….)

Psychopharmakologie to go: Das Buch!

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In den letzten Wochen war es etwas ruhig hier auf dem blog. Das lag daran, dass ich mir überlegt hatte, ein eBook zu schreiben, das die Psychopharmakologie möglichst praxisnah und unkompliziert erklärt, ganz im Stil dieses blogs. Und so habe ich mich hingesetzt und genau das geschrieben. iBooksAuthor hat mir sehr gute Dienste geleistet, so dass nun ein komplettes iBook fertig ist.

Hier ist der downloadlinks für den iBooks Store, den ihr verwenden könnt, wenn ihr ein iPad habt. Eine umfangreiche kostenlose Leseprobe könnt ihr dort auch laden.
Für Nicht iPad Benutzer gibt es hier eine pdf Version mit etwas abgespecktem Inhalt, auch hierzu gibt es eine kostenlose Leseprobe.
Und nun viel Spaß damit!

Falldiskussion Schizoaffektive Psychose Teil II

Gestern hatte ich hier ein Fallbeispiel mit Frage vorgestellt. Wer den Fall noch nicht gelesen hat, bitte erst mal hier clicken und den Fall lesen.
Heute nun die Diskussion:
Bei unzureichender Wirkung stellt sich immer zunächst die Frage, ob ein ausreichender Blutspiegel des Medikamentes erreicht wird. Im gestern dargestellten Fall reicht die rezidivprophylaktische antipsychotische Wirkung nicht aus. Im ersten Schritt könnte man daher den Risperdal Blutspiegel bestimmen.
Es würde nicht überraschen, wenn der zu niedrig läge. Carbamazepin ist ein Enzyminduktor. Es induziert das Cytochrom P450 in der Leber, und zwar vor allem CYP1A2, CYP2C9 und CYP3A4.

Mehr als 50 Prozent aller Arzneistoffe werden über das CYP450-Enzym 3A4 metabolisiert, (neue) Wechselwirkungen können auftreten, wenn das Enzym induziert oder inhibiert wird.
Wichtige Induktoren von CYP3A4 sind die Antiepileptika Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital. Auch Rauchen kann Cytochromoxidasen induzieren, neben CYP1A2 auch CYP3A4.
Bekannte Inhibitoren von CYP3A4 sind z.B. die Azol Antimykotika Itraconazol und Ketoconazol, einige Antibiotika, aber auch Grapefruitsaft.

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p>Risperidon wird hepatisch eliminiert, teilweise über die Cytochromoxidasen, hier hauptsächlich wie viele Neuroleptika über CYP2D6, aber auch wie ebenfalls viele Medikamente über CYP3A4, teilweise über die ebenfalls hepatische N-Dealkylierung.
Die Induktion von CYP3A4, die Carbamazepin auslöst, führt also zu einem zu schnelleren Abbau des Risperidons. Dies kann eine unzureichende Wirkung erklären.
Da Lithium nicht vertragen wurde, könnte man von Carbamazepin auf Valproat umstellen, das nicht in gleichem Maße enzyminduzierend wirkt.
 

Medikamenteninteraktionen elegant checken

Neulich habe ich eine Patientin gesehen, die genau 23 verschiedene Medikamentensorten erhalten hat. OK, da brauche ich kein Programm zur Interaktionsanalyse, da muss ich einfach die Hälfte absetzen.
Aber natürlich gibt es zahlreiche Fälle, in denen eine Kombination aus verschiedenen Substanzen erforderlich ist. Und dann ist es wichtig zu wissen, ob sich der verordnete Cocktail auch verträgt. Einige wichtige Interaktionen von häufig verwendeten Medikamenten hat man ja im Kopf und kann so versuchen, die wichtigsten Fehler zu vermeiden. So kann man sich leicht merken, dass Carbamazepin ein Inzyminduktor ist, der die Plasmaspiegel der meisten Neuroleptika reduziert. Aber der Trend geht ja zu etwas komplizierteren Interaktionen. Und da braucht man entweder eine pharmakologische Beratung, ein dickes Buch oder ein ordentliches Programm. Beliebt sind hier Internetplatformen mit monatlicher Grundgebühr, wie mediq.ch. Diese Seite ist sehr gut, aber auf die Dauer teuer.
Weitaus eleganter ist es natürlich, das iPhone zu zücken und mit einer App mal eben zu gucken, was geht. Arznei Check von ifap kostet einmalig 7,99 €, und danach nichts mehr, keine monatliche Gebühr. Und funktioniert prächtig. Man kann mehrere Substanzen eingeben und die App meldet in klar verständlicher Form, welche Interaktion zu erwarten ist, auf welchem Mechanismus diese beruht und was man dagegen tun kann (Pharmakologischer Effekt, Mechanismus, Maßnahmen, Diskussion, Literatur). Man kann die Informationen auch per email versenden. So ein Bericht ließt sich dann so:

Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Olanzapin – CT 10mg Schmelztabletten und Carbamazepin 200 1A Ph
Wirkstoffgruppe: Olanzapin / Carbamazepin
Das Risiko der Wechselwirkung wird als geringfügig eingestuft.

Pharmakologischer Effekt: Die Olanzapin-Plasmakonzentrationen können vermindert werden, wodurch die pharmakologische Wirkung abnimmt.

Mechanismus: Es wird angenommen, dass Carbamazepin Lebermikrosomenenzyme (CYP1A2) induziert.

Maßnahmen: Das klinische Ansprechen des Patienten beobachten. Bei Verdacht auf eine Wechselwirkung die Olanzapin-Dosis bedarfsgemäß anpassen.

Diskussion: Die Auswirkungen von Carbamazepin auf die Pharmakokinetik von Olanzapin wurden an elf gesunden Männern untersucht.(1) Die Probanden erhielten eine Olanzapin-Einzeldosis zu 10 mg allein sowie wiederum nach einer 14-tägigen Behandlung mit zweimal täglich 200 mg Carbamazepin. Im Vergleich zur alleinigen Verabreichung von Olanzapin bewirkte die gleichzeitige Verabreichung von Carbamazepin eine Abnahme der maximalen Olanzapin-Plasmakonzentration um 25 %, eine Abnahme der AUC um 34 %, eine Abnahme der Eliminationshalbwertzeit um 20 % und eine Zunahme des Verteilungsvolumens um 18 %. Angesichts der großen therapeutischen Breite von Olanzapin wurde nicht erwartet, dass pharmakokinetische Änderungen diesen Ausmaßes klinisch relevant sind. Bei 15 Patienten, die nur Olanzapin und bei 16 Patienten, die außerdem Carbamazepin erhielten, wurden die Konzentrationen an freiem und glucuronidiertem Olanzapin bestimmt.(2) Das Verhältnis aus Konzentration und Dosis fiel bei den mit Olanzapin plus Carbamazepin behandelten Patienten für freies Olanzapin um 38 % niedriger aus, während glucuronidiertes Olanzapin vermehrt auftrat, was darauf hinweist, dass Carbamazepin den Olanzapin-Metabolismus induzierte. Bei einem 23 Jahre alten Patienten mit paranoider Schizophrenie wurden während der gleichzeitigen Verabreichung von Carbamazepin 600 mg/Tag und Olanzapin 15 mg/Tag verminderte Olanzapin-Plasmakonzentrationen gemessen.(3) Vor Absetzen von Carbamazepin betrug der Olanzapin-Plasmaspiegel 21 ng/ml. Dieser Spiegel stieg über die Woche nach dem Absetzen von Carbamazepin um 114 % an (auf 45 ng/ml). Sechs Wochen später wurde die Olanzapin-Dosis auf 10 mg/Tag vermindert und es kam zu einer entsprechenden Abnahme des Plasmaspiegels. Es werden weitere Studien benötigt, um die klinische Bedeutung dieser Wechselwirkung klären zu können.
Literatur:
(1) Lucas RA, et al. Eur J Clin Pharmacol. 1998;54:639.
(2) Linnet K, et al. Ther Drug Monit. 2002;24:512.
(3) Licht RW, et al. J Clin Psychopharmacol. 2000;20:110.
Hinweis: Bitte kontaktieren Sie vor der Einnahme der betroffenen Arzneimittel Ihren Arzt oder Apotheker. Die dargestellten Informationen dienen lediglich der Orientierung und ersetzen in keinem Fall die Packungsbeilage, Fachinformation oder die Hinweise Ihres Arztes oder Apothekers.

Von der gleichen Firma kann man kostenlos die App Arznei aktuell laden, die über Medikamente, Darreichungsformen, Packungsgrößen, Preise und so informiert, wie die Rote Liste.

Vielen Dank für den Tipp, Dr. Horn!

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ifap GmbH

Aktualisiert: 27.10.2011

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ifap GmbH

Aktualisiert: 29.12.2011

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Welches Antidepressivum gebe ich wem?

Cipramil, Cipralex, Cymbalta, Trevilor. Wem gebe ich denn nun wann welches Antidepressivum?

Wenn ich mich entschieden habe, ein Antidepressivum zu verordnen, habe ich einen bestimmten Algorithmus im Kopf, nach dem ich aussuche, welches Medikament ich gebe. 1. Frage: Hat diese Patientin, hat dieser Patient schon mal ein bestimmtes Antidepressivum erhalten, und hat es überzeugend gewirkt? Wenn Ja, dann gebe ich das gleiche wieder. Punkt. Ende des Algorithmus. 2. Frage: Verordne ich das Antidepressivum gegen eine generalisierte Angststörung? Dann gebe ich Duloxetin (Cymbalta) oder Venlafaxin (Trevilor), letzteres ist explizit gegen die generalisierte Angststörung zugelassen. Beide sind sehr gut wirksam in dieser Indikation. Beide sollten hoch dosiert werden. 3. Frage: Verordne ich das Antidepressivum gegen eine Zwangsstörung? Dann gebe ich zuerst Citalopram (Cipramil). Ich strebe eine höhere Dosis an, zunächst 40 mg pro Tag, im Einzelfall ist dann zu prüfen, ob trotz der bekannten Risiken eine höhere Dosis zu wählen ist. Die QTc Zeit muss dabei gemonitort werden, der Pat. über den Warnhinweis aufgeklärt werden. Citalopram kann in höheren Dosierungen als 40 mg die QTc Zeit verlängern und zu gefährlichen Rhythmusstörungen führen (siehe auch hier). Bleiben im Wesentlichen die unipolaren und bipolaren Depressionen. 4. Frage: Handelt es sich um eine Depression mit reduziertem Antrieb, normalem Antrieb oder gesteigertem Antrieb (agitierte Depression)?

  • Bei Patienten, die einen sehr stark reduzierten Antrieb haben, beginne ich mit Duloxetin (Cymbalta), Zieldosis 60-90 mg.
  • Bei etwas reduziertem und normalem Antrieb verordne ich im ersten Schritt Citalopram, Zieldosis 40 mg pro Tag. In der Regel führt dies zu einem guten Ergebnis.
  • Reicht der Erfolg nicht, wechsele ich bei einer Depression mit reduziertem Antrieb zügig (zwei Wochen) auf Duloxetin (Cymbalta), weil dies nicht nur die Serotonin Wiederaufnahme hemmt, wie das Citalopram, sondern zusätzlich noch die Noradrenalin Aufnahme hemmt, was den Antrieb steigert.
  • Bei Patienten mit einem normalen Antrieb wechsele ich erst nach etwa 3-4 Wochen ohne erkennbaren Therapieerfolg auf Duloxetin.
  • Bei gesteigertem Antrieb und insbesondere bei Schlafstörungen bevorzuge ich Mirtazapin (Remergil) zur Nacht. Dies empfehle ich aber nur, wenn kein Gewichtsproblem besteht und nachdem ich über die Möglichkeit einer Gewichtszunahme unter Mirtazapin informiert habe und der Patient zustimmt. Ich beginne dann mit 15 mg zur Nacht. Je nach Schwere der Schlafstörung und Agitation steigere ich Mirtazapin auf bis zu 45 mg pro Tag. Reicht das, um die Schlafstörung zu beheben und den Antrieb zu normalisieren, bleibe ich bei 15 mg Mirtazapin zur Nacht und ergänze 20-40 mg Citalopram am Morgen.

Mit diesem Algorithmus komme ich in 95 % der Fälle hin. Reicht die Wirkung nicht aus oder kommt es zu Nebenwirkungen, verwende ich folgende Austauschpräparate:

  • Citalopram (Cipramil) wird nicht vertragen: -> Escitalopram (Cipralex) versuchen. Beide sind reine Serotonin-Wiederaufnahme Hemmer und werden in der Regel recht gut vertragen und sind sehr wirkstark.
  • Duloxetin wirkt nicht stark genug: -> Venlafaxin versuchen. Beide hemmen sowohl die Serotonin Wiederaufnahme als auch die Noradrenalin Wiederaufnahme. Venlafaxin hemmt in hoher Dosis unerwünschterweise auch die Dopamin Wiederaufnahme und kann daher wahnhafte Symptome triggern oder verstärken und es macht oft stärker unruhig als Duloxetin, wirkt aber in einzelnen Fällen besser.

Was ist mit den „Alten Antidepressiva“ ?

  • Clomipramin gebe ich manchmal als Augmentation bei Zwangserkrankungen.
  • Amitriptylin gebe ich manchmal bei chronifizierten Schmerzstörungen.
  • Fluoxetin, Fluvoxamin, Mianserin, Paroxetin und die ganzen anderen älteren Antidepressiva gebe ich nur nach Regel 1: Hat schon mal geholfen, dann verordne ich sie wieder. Ansonsten verwende ich sie nicht.

Wenn das alles nicht hilft?

  • Augmentation mit Lithium. Hilft oft.
  • Augmentation mit Schilddrüsenhormon. Hilft selten. Mache ich nur in Einzelfällen.

Was noch zu beachten ist:

  • Schwere wahnhafte Depression: EKT.
  • Bei Vorliegen einer wahnhaften Komponente oder wahnähnlichem Grübeln ein niedrigdosiertes Neuroleptikum ergänzen.
  • Bei Patienten mit sehr großer Angst und keiner Abhängigkeit in der Vorgeschichte ein Benzodiazepin erwägen.
  • Bei Suizidalität ein Benzodiazepin ergänzen.
  • Den normalen Zeitverlauf der Besserung würdigen: Etwa zwei Wochen nach Beginn einer antidepressiven Medikation kommt oft eine Antriebssteigerung, nach etwa vier Wochen kommt oft die Stimmungsverbesserung. Angststörungen verbessern sich etwa nach vier bis sechs Wochen, Zwangsstörungen oft erst nach sechs bis zwölf Wochen.

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Copyright

Dieser Beitrag ist ein Auszug beziehungsweise eine auszugsweise Vorabveröffentlichung des Werks „Psychopharmakotherapie griffbereit“ von Dr. Jan Dreher, © Georg Thieme Verlag KG. Die ausschließlichen Nutzungsrechte liegen beim Verlag. Bitte wenden Sie sich an permissions@thieme.de, sofern Sie den Beitrag weiterverwenden möchten.

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Rezeptorbindungsprofile der Neuroleptika: Die Persönlichkeit der wichtigsten Neuroleptika auf einen Blick

Um das Profil eines Neuroleptikums zu lesen, reichen fürs erste folgende Daumenregeln:

  • D2 Rezeptor: Typische Neuroleptika sind D2 Antagonisten, z.B. Haldol: Sichere antipsychotische Wirkung, aber bei hohen Dosierungen EPMS
  • 5-HT 2A Rezeptoren: Atypische Neuroleptika sind 5-HT 2A Antagonisten: Gute Antipsychotische Wirkung, wenig EPMS
  • D4 Rezeptor: Clozapin hat eine außergewöhnlich hohe Affinität zum (sehr seltenen) D4 Rezeptor; möglicherweise wirkt dies antipsychotisch, ohne viel EPMS zu verursachen.
  • H1 (Histamin): Müdigkeit
  • Alpha-1=Alpha-Adrenerge Rezeptoren der Untergruppe 1: Vegetative Nebenwirkungen wie Orthostase, Schwindel, etc.

OK, das ist jetzt extrem vereinfacht, aber schon mal ein Anfang. Im Falle des Aripiprazols muss man wissen, dass die Affinität zum D2 Rezeptor nicht nur antogonistische, sondern auch partiell agonistische Wirkungen hat, weswegen es deutlich weniger EPMS macht, als das Schaubild vermuten lassen könnte.

Gut, schauen wir mal, ob wir mit diesem Wissen etwas erkennen können. Bitte schau Dir jetzt das Bild noch mal genau an (auf das Bild clicken, um es zu vergrößern). Ich stelle Dir ein paar Fragen:

  1. Nimm Dir Risperidon. Macht es EPMS?
    Antwort: Schon ein bisschen, denn es blockiert den D2 Rezeptor. In hohen Dosierungen also schon.
  2. Olanzapin: EPMS?
    Antwort: Wenig, aber möglich ist es schon, denn auch Olanzapin blockiert nicht unwesentlich den D2 Rezeptor. Und das passt auch zur klinischen Beobachtung, dass Olanzapin schnell und sicher antipsychotisch wirkt, aber ab 30 mg pro Tag oft EPMS machen kann. Bei manchen Patienten aber auch schon deutlich niedrigeren Dosierungen.
  3. Olanzapin: Müdigkeit?
    Antwort: Klar, deutliche H1 Komponente.
  4. Quetiapin: Macht es EPMS?
    Antwort: Nein, fast keine D2 Blockade.
  5. Quetiapin: Macht es müde, macht es vegetative Nebenwirkungen?
    Antwort: Ja, H1 und Alpha-1 Blockade sind ausgeprägt.
  6. Quetiapin: Antipsychotische Wirkstärke relativ zur Sedierung:
    Antwort: Vergleiche 5-HT 2A plus D2 Blockade relativ zu H1 und alpha 1 Blockade.
  7. Ziprasidon: EPMS?
    Antwort: In höherer Dosierung ja, D2 Blockade.
  8. Ziprasidon: Müdigkeit?
    Antwort: Nein, praktisch keine H1 Komponente.

Du siehst, die Vermutungen, die man aufgrund der Daumenregeln oben anstellt, wenn man das Rezeptorbindungsprofil anschaut, passen oft ganz gut zum klinischen Eindruck. Die Persönlichkeit des Medikamentes, seine Vorzüge und Nachteile, bilden sich in dieser Grafik gut ab.

Es ist sinnvoll, sich eine Grafik mit den Rezeptorbindungsprofilen der Neuroleptika, die man oft verschreibt, immer wieder anzugucken. Man lernt die Medikamente so besser kennen.

In späteren Blog-Einträgen möchte ich gerne genauer auf einzelne Medikamente eingehen und auch zu den einzelnen Rezeptoren mehr sagen. Dieser Eintrag soll aber erst einmal einen Überblick geben und erklären, wie man das Rezeptorprofil, dargestellt als Kuchendiagramm, grundsätzlich liest.